Schulentwicklungsplanung

Kreisrat Martin Klein

Kreistagsitzung am 21.07.2011
Schulentwicklungsplanung

„Schulentwicklungsplanung“, da bleibe ich schon beim Begriff hängen. Das mit den Schulen muss ja ganz schön verwickelt sein, wenn wir es ent-wickeln wollen! Und verehrter Herr Landrat, meine Damen und Herren, die Komplexität des Themas kann in den geforderten 10 Minuten kaum ausreichend erörtert werden, so dass man beinahe versucht ist, den Gordischen Knoten ganz alexandrinisch zu durchschlagen. Ich möchte mich daher auf die wesentlichen Aspekte des Themas beschränken.

Welche Verwicklungen sind es also, die im Hinblick auf die Schulen des Landkreises Esslingen entwickelt werden sollen?

Da muss zunächst ein ganz einfaches Faktum genannt werden, das uns überall begegnet: Die Bevölkerung geht zurück und ganz besonders die Zahl der jungen Menschen geht zurück. Demographische Entwicklung. Je nach Ausgangsparameter sind es im Landkreis Esslingen im Prognosezeitraum bis 2025 zwischen 13 und 17 Prozent der Schüler. Selbst bei einem angenommenen Ausbau der beruflichen Gymnasien werden es ca. 13 % weniger sein. Sofern die Öffnungen im Schulsystem des Landes Baden-Württemberg, wie sie von der rot-grünen Landesregierung angekündigt sind, umgesetzt werden, wird der Schülerrückgang möglicherweise noch größer sein, da ja neue Wege zur Hochschulzugangsberechtigung damit verbunden sind. Die Leitfrage lautet also: Wie muss die Schullandschaft des Landkreises Esslingen in der Zukunft aufgestellt sein, um diesem Sachverhalt gerecht werden zu können und wie können die Kapazitäten dem künftigen Bedarf entsprechen? Da kommt man ja schnell auf den Gedanken, einfach eine Schule ganz dicht zu machen, um auf diese Weise Kosten zu sparen.

Zweiter Faktor: Alle Gebäude kommen in die Jahre und müssen unterhalten und gegebenenfalls saniert werden. Wenngleich in den letzten Jahren viel geschehen ist, und die Besichtigung der Schulen im Mai hat ja gezeigt, auf welchem hohen Niveau die Kreisschulen sind, so bleibt trotzdem die zweite Leitfrage: Wie können die notwendigen Ressourcen verantwortungsvoll, sparsam und zukunftsträchtig eingesetzt werden?

Dritter und entscheidender Faktor: Wie können die Kreisberufsschulen fit für die Zukunft sein, um den Herausforderungen der Zukunft gerecht werden zu können? Wobei niemand von uns prophetische Gaben hat und niemand weiß, wie die Situation in 5, 10 oder 15 Jahren wirklich sein wird.

Auf diesem Hintergrund war es absolut richtig, dass Sie, Herr Landrat Eininger, diese Problematik schon frühzeitig in den Kultur- und Schulausschuss eingebracht haben und dazu notwendige Expertisen eingeholt haben.
Von Dr. Garbe Consult wurde nun auf diese Fragen die Thematik untersucht und Lösungsalternativen vorgestellt, die in einem Gesamtpaket den Herausforderungen gerecht werden können. Zentraler Gedanke bei diesen Lösungen ist die Bildung von Kompetenzzentren an den beruflichen Schulen. Kompetenzzentrum bedeutet Bündelung und Schwerpunktbildung, teilweise auch Neuausrichtung, an den einzelnen Schulen. Das führt zu Rochaden zwischen den Schulen oder zur Schaffung ganzer neuer Ausbildungswege aufgrund der Veränderungen in der Berufswelt und in den Ausbildungsberufen bzw. auch zu neuen Zweigen an den beruflichen Gymnasien. Die Frage der Zweizügigkeit der jeweiligen Bildungsgänge spielt dabei eine zentrale Rolle. Mit diesem Ansatz ist es tatsächlich sehr überzeugend gelungen, den oben genannten drei Leitfragen, Schülerrückgang, Ressourceneinsatz und Zukunftsfähigkeit der Schulen gerecht zu werden. Auf diesem Hintergrund befürworten wir die Bildung von Kompetenzzentren und wir halten diesen Ansatz für den richtigen Weg. An dieser Stelle muss dann allerdings auch die Frage geklärt werden, ob eine Mikrolösung oder eine Makrolösung die bessere Lösungsvariante ist. Hier kommt nun die Studie von Drees & Sommer ins Spiel. Die Analyse der Lebenszykluskosten der Schulen, -die ich in ihrer Differenzierung übrigens absolut überzeugend finde, so etwas habe ich in diesem Kontext noch nicht gesehen- hat gezeigt, dass mit der Makrolösung, die ja mit der Schließung einer kompletten Schule verbunden wäre, lediglich eine Kosteneinsparung von 46.000 € pro Jahr gegenüber der Mikrolösung erreicht werden kann. Die inhaltlichen Vorteile der Mikrolösung, die insbesondere durch einen weit höheren Grad an Differenzierung und Flexibilität gekennzeichnet ist, überwiegen die Kostenvorteile der Makrolösung bei weitem. Nicht zuletzt deshalb wurde sie von allen Betroffenen, den Schulen, der IHK & Kreishandwerkerschaft und nicht zuletzt vom Regierungspräsidium befürwortet. Auch der Aspekt der Verkehrsanbindung und der Erreichbarkeit muss in diesem Zusammenhang zugunsten der Mikrolösung genannt werden.

Von daher spricht alles für die vorgeschlagene Mikrolösung und wir werden von Seiten der Freien Wähler diesem Vorschlag und dem Beschlussantrag der Verwaltung auch zustimmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,
es hat im Diskussionsprozess der letzten Monate Verwicklungen gegeben, die hier ebenfalls thematisiert werden müssen. Die Frage der Zuordnung des Kompetenzzentrums Bankensektor nach Esslingen oder Nürtingen konnte nicht im Konsens mit den betroffenen Schulen gelöst werden. Daher wurde eine zweite Beratungsrunde eingeschaltet und erneut erörtert. Dabei hat sich gezeigt, dass innerhalb des Konzeptes der Kompetenzzentren nur Raum für einen Standort für den Bankensektor gegeben ist und dieser wurde in Übereinstimmung mit dem RP und mit der IHK in Nürtingen gefunden. Dieser übergeordnete Gesichtspunkt muss den Ausschlag geben, auch wenn dann nicht alle Partialwünsche erfüllt werden können.

Eine letzte Verwicklung möchte ich zum Schluss ebenfalls ansprechen. Von einigen Kreistagsabgeordneten aus dem Filderraum wurde ein lange gehegter Wunsch erneut in die Diskussion eingebracht, nämlich die Forderung nach der Einrichtung einer beruflichen Schule auf den Fildern. Dies wird neben anderen Aspekten insbesondere mit der dynamischen Wachstumsregion rund um den Flughafen und dem damit verbundenen Dienstleistungszentrum begründet. Wenngleich diese Fakten unbestritten bleiben, so muss hier doch unter dem Strich zusammengezählt werden. Und in einer solchen Schlussbilanz ist es eben so, dass zum einen unter einer finanziellen Betrachtung, eine Filderschule nicht mit dem vorgelegten Ausgangskonzept konkurrieren kann. Es wäre einfach um ca. 6 Mio. € teurer. Zum anderen geben die vorgelegten Schülerzahlen auch unter Einbeziehung von Zustrom aus Nachbarkreisen eine lohnende Größe für die Einrichtung eines Kompetenzzentrums einfach nicht her. Die geforderte Zweizügigkeit wird kaum erreicht, zum Teil reicht es nicht einmal für die Einrichtung einer Klasse. Eine theoretisch denkbare Umlenkung von Schülerströmen von den vorhandenen Schulen muss im Saldo als kontraproduktiv bezeichnet werden, da sie ja anderen Standorten schaden würde. Ich denke, es ist letztendlich auch weltfremd zu glauben, dass die Schüler aus dem östlichen Kreisgebiet freiwillig auf die Fildern pilgern. Aufgrund dessen kann eine Filderschule unsererseits keine Zustimmung finden und wir werden wie gesagt dem Beschlussantrag wie vorgelegt zustimmen.

 

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