Haushaltsplan 2014 des Landkreises Esslingen

 

Alfred Bachofer Fraktionsvorsitzender

Alfred Bachofer
Fraktionsvorsitzender

 

Freie Wähler setzen auf Entschuldung und strikte Haushaltsdisziplin

 

 

Haushaltsrede 2014 Landkreis Esslingen

 

Wir sind ein reicher Landkreis.

Das ist nicht ironisch gemeint, obwohl wir auch reich an Schulden sind. Da sind wir – im Vergleich zu anderen Kreisen im Land – sogar führend. Unser Wohlstand drückt sich in einer weit überdurchschnittlichen Infrastruktur aus. Die Berufs- und Sonderschulen, das Freilichtmuseum, die Kunstsammlung, 200 km Kreisstraßen mit 57 Brücken, die Verwaltungsgebäude und unsere Kliniken. Nur – dieser Wohlstand täuscht – viele dieser Einrichtungen sind in die Jahre gekommen, müssen saniert oder weiter entwickelt werden.

Uns Freien Wählern – und bestimmt Ihnen allen -, bereitet zunehmend Sorge, dass der Haushalt des Landkreises nur deshalb einigermaßen im Lot ist, weil Investitionen verschoben werden und Substanzverzehr in Kaufgenommen wird.

Die Dimension dieses Substanzverzehrs kennen wir zu wenig.

Hier ist Transparenz zwingend erforderlich. Deshalb beantragen wir eine Übersicht, wie der Sanierungsrückstand bei Verwaltungsgebäuden, Schulen, Straßen und Brücken usw. eingeschätzt wird. Uns geht es nicht um detaillierte Zahlenwerke, sondern um grobe Abschätzungen, um die Zukunftsrisiken für unseren Haushalt bewerten zu können.

Dies gilt natürlich auch für unsere Klinikgebäude. Hier wurde ja im Zusammenhang mit den Fusionsverhandlungen eine Bewertung durchgeführt. Entsprechendes erwarten wir seit längerem für den Gebäudekomplex des Esslinger Klinikums.

 

Antrag 1

Die Verwaltung erstellt eine Übersicht, aus der der mittel- und langfristige Sanierungs- und Entwicklungsbedarf der landkreiseigenen Infrastruktur ablesbar ist. Wir erwarten Größenordnungen, um die Zukunftsrisiken für unsere mittel- und langfristige Haushaltssituation abschätzen zu können.

 

In diesem Zusammenhang erinnern wir daran, dass wir Freien Wähler bereits vor Jahren an das Controlling von größeren Bauvorhaben verschärfte Anforderungen gestellt haben, um ein Mehr an Kostensicherheit und Transparenz zu erreichen und vor allem das Bewusstsein für die Folgekosten zu erhöhen. 

Die dadurch erreichte Verlagerung der Abwicklung von Bauprojekten in den ATU – nach der Grundsatzentscheidung in den Fachausschüssen – hat sich bewährt. Auch die strikte Trennung von Planung und Kostencontrolling, z.B. bei der Sanierung der Rohräckerschule, zeigt Erfolg. Ein solches unabhängiges und professionelles Kostencontrolling ist auch in den Tochtergesellschaften anzustreben. Die Kostensprünge bei den Klinikbauten sind ein klares Warnsignal. Dabei ist jeweils die Frage zu klären ob es wirtschaftlicher ist, diese Aufgabe zu vergeben oder ob der Aufbau eines kompetenten Teams im eigenen Haus eine Alternative ist. Auch hier haben wir recht unterschiedliche Erfahrungen gemacht.

Im Vorfeld der Bundestagswahl hat die SPD u.a. so wichtige Themen wie Mindestlohn und kommunale Finanzausstattung besetzt. Da hat sie den Finger auf den richtigen Punkt gelegt. Den Mindestlohn wird sie in den Koalitionsverhandlungen durchsetzen. Das ist mit Blick auf unseren Sozialetat auch gut so, wobei sich für uns die Frage stellt, ob dies ausreichend differenziert geschieht. Die Kosten für die Lebenshaltung sind in den einzelnen Bundesländern doch sehr unterschiedlich.

Spannend ist aus Sicht der Gemeinden und Landkreise, ob auch für diese ein „Mindestlohn“ erreicht werden kann. Ob das Geld allerdings ausreicht, liebe Frau Kraft, um den Kommunen in NRW aus der Patsche zu helfen, ist eher zweifelhaft. Deren Situation muss uns als Warnung dienen.

Schulden in wirtschaftlich guten Zeiten abbauen 

Ich habe eingangs auf die relativ hohen Schulden des Kreises hingewiesen. Wir haben sie in den letzten Jahren konsequent abgebaut und liegen trotzdem noch deutlich zu hoch. Schulden sind nicht per se schlecht, sondern dann vertretbar, wenn sie der Zukunftssicherung dienen und der Haushalt nachhaltig über die erwirtschafteten Abschreibungen die Tilgungen leisten kann. Dennoch müssen Schulden in prosperierenden Zeiten reduziert werden, damit es wieder finanzielle Spielräume gibt. Die Einnahmen müssen auch künftigen Generationen zur Erfüllung aktueller Aufgaben dienen und nicht nur zur Finanzierung des Schuldendienstes.

Jetzt haben wir durch den Anstieg der Steuerkraftsummen von 460 Mio. € in 2011 auf 630 Mio. € in 2014 eine fast historische Chance. Deshalb bekennt sich unsere Fraktion nachdrücklich zum Ziel der weiteren Schuldenreduzierung und der verstärkten Eigenfinanzierung.

Jean Paul Getty hatte Recht als er sagte:

„Sparmaßnahmen muss man dann ergreifen, wenn man viel Geld verdient. Sobald man in den roten Zahlen ist, ist es zu spät.“

Schon im letzten Jahr hatten wir dieses Ziel klar formuliert und mit unserem Antrag, im Rahmen einer Klausursitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses langfristige Finanzierungsleitlinien aufzustellen, eine Wende eingeleitet. Weg von der Politik „was wollen wir uns leisten“ hin zu der Zielrichtung „was können wir in Angriff nehmen“. Das aber gelingt nur, wenn wir die Finanzpolitik des Kreises über den Zeithorizont der mittelfristigen Finanzplanung hinaus langfristig ausrichten. Das sind wir auch unseren Gemeinden schuldig, denen nicht damit gedient ist, wenn wir die Höhe der Kreisumlage nur am aktuellen Jahresbedarf ausrichten. Sonst laufen wir Gefahr, dass gerade dann Erhöhungen zwingend werden, wenn sich die Gemeindehaushalte auf Talfahrt befinden.

Klar ist aber auch, dass frei werdende Mittel genau dieser Zukunftssicherung dienen müssen. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass Frau Dostal und ihr Team die Positionen im Haushalt immer etwas zu vorsichtig angesetzt haben. Die SPD-Fraktion hat dies stets zum Anlass genommen, eine Reduzierung der Kreisumlage zu beantragen. So auch in 2012 und 2013. Sie hatte mit ihrer Prognose, dass Überschüsse entstehen bzw. eine ordentliche Liquidität aufgebaut wird, absolut Recht. Nur die eingeforderte Konsequenz einer Senkung der Kreisumlage war falsch, zumal die notwendige Bescheidenheit bei kostenwirksamen Anträgen nicht im notwendigen Maße vorhanden ist. Wir können angesichts des vor uns stehenden Aufgabenbergs und des Zwangs zur Eigenfinanzierung über die entstandenen Reserven froh sein.

Ich nehme an, dass die SPD-Fraktion heute wieder den Versuch machen wird, den Hebesatz zu drücken, um sich im Wohlwollen der Gemeinden zu sonnen. Die Begründung wird sein, dass die Kommunen dadurch sparen. Damit liegt die SPD erneut schief. Eine niedrigere Kreisumlage jetzt ist nichts anderes als ein Verschiebebahnhof. Das Aufkommen an Kreisumlage muss im mehrjährigen Mittel betrachtet werden. Viel entscheidender ist, dass wir eine eiserne Haushaltsdisziplin einhalten. Damit hat sich die SPD in der Vergangenheit eher nicht hervorgetan.

 

Bildung ist Zukunft

„Kommunen rufen zum Schulfrieden auf“. Diese Überschrift in der Stuttgarter Zeitung zeigt einmal mehr, dass in unserem Schulsystem derzeit nur wenig in geordneten Bahnen läuft. Dadurch entsteht beachtlicher Schaden, denn Schulen brauchen auf lange Sicht verlässliche Rahmenbedingungen. Nach Zeiten schwammiger Ankündigungen ist nunmehr erkennbar, dass statt dem bewährten dreigliedrigen ein zweigliedriges Schulsystem aufgebaut werden soll. Hierfür braucht man neben Zeit für eine langfristig tragbare Konzeption auch Geld und das notwendige Personal. Dies alles muss vom Land bereitgestellt werden, denn „wer bestellt – bezahlt“. Regionale Schulentwicklungspläne, wie von unserer Fraktion wiederholt angesprochen, sind hierbei unverzichtbar. Die Gemeinden brauchen sie, damit es nicht zu Windhundverfahren kommt. Für den Kreis sind sie die Basis für Umsetzung des vom Kreis für viel Geld ausgearbeiteten Masterplans.

Die Landespolitik hat sich hier auf einen unsicheren Weg begeben, ohne im Vorfeld die tatsächliche Situation zu erfassen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Die Änderung des Schulgesetzes wurde immer wieder angemahnt und ist nach wie vor nicht in trockenen Tüchern. Wir sind gespannt, ob dies bis Ende des Jahres 2014 gelingt. Die regionale Schulentwicklungsplanung wurde im Mai dieses Jahres angekündigt. Bis heute ist auf Seiten des Landes keine klare Vorgehensweise erkennbar, obwohl bereits wieder an vielen Stellen Fakten geschaffen werden.

Erst auf Druck der kommunalen Spitzenverbände kommt nunmehr Bewegung in die Sache. Allerdings darf es nicht sein, dass sich in den Teilräumen bei sinkenden Schülerzahlen einzelne Schulträger auf den Weg machen und Fakten schaffen. Alle Betroffenen müssen an einen Tisch, da sonst nicht tragfähige Strukturen entstehen. Dies könnte zu erheblichen Investitionen auf der einen und zu leerstehenden Schulräumen auf der anderen Seite führen. Die knappen öffentlichen Gelder verbieten ein solches unstrukturiertes Vorgehen.

Die derzeitige Rolle des Staatlichen Schulamtes als Moderator sehen wir als unzureichend an, wohl wissend, dass die notwendigen Personalkapazitäten und klare schulpolitischen Zielsetzungen fehlen. Da wir als Landkreis mit unseren beruflichen Schulen von diesen Veränderungen stark betroffen sind, müssen wir bei diesen Planungsprozessen von Anfang an mit ins Boot.

Dies darf nicht an Kosten für Gutachten oder wissenschaftliche Begleitung scheitern. Nur so ist sichergestellt, dass unsere Berufsfachschulen und beruflichen Gymnasien auch in der Zukunft ihren wichtigen Beitrag für die Fachkräfteausbildung leisten können.

Antrag 2

  • Der Landkreis schaltet sich aktiv in die im Schulwesen in den Raumschaften  anstehenden Planungs- und Veränderungsprozesse  ein.
  • Er trägt die Kosten für aus Sicht des Kreises notwendige Gutachten bzw. die fachliche Begleitung.

 

Freilichtmuseum Beuren

Das Freilichtmuseum in Beuren ist dank des Engagements zahlreicher Ehrenamtlicher und der guten Arbeit des Museumsteams ein weit über die Kreisgrenzen hinausreichendes touristisches Merkmal des Landkreises. Dem wird durch die Erstellung des Eingangsgebäudes mit dem neuen Besucherzugang auch Rechnung getragen. Wir Freien Wähler haben diese Entscheidungen unterstützt. Allerdings sehen wir für die kommenden Jahre in der Güterabwägung keinen finanziellen Spielraum mehr für den Aufbau weiterer Gebäude im Freilichtmuseum.

Absoluten Vorrang hat für uns die Verbesserung der Parkierungssituation. Es muss nun rasch eine Lösung gefunden werden, die dem seit Jahren steigenden Besucherandrang Rechnung trägt. Besondere Gefahren ergeben sich durch die gleichzeitige Nutzung von Feldwegen im Bereich des Museums durch landwirtschaftliche Fahrzeuge, Fußgänger, Radfahrer und Kfz-Verkehr zu den Parkierungsflächen. Es ist nicht hinnehmbar, dass wir als Landkreis Esslingen einen derartigen Besuchermagneten schaffen, aber keine auch nur annähernd ausreichende Lösung für das Parken herbeiführen.

Antrag 3

  • Der Kreis erteilt umgehend einen Planungsauftrag zur Lösung der Parkierungsfrage beim Freilichtmuseum.
  • Die für die Planung erforderlichen Mittel werden im Haushalt 2014 bereitgestellt.

 

Sozialwesen

Asylbewerberunterbringung

Eine auf den Nägeln brennende Aufgabe ist die angemessene Unterbringung der hohen Zahl an Asylbewerbern. Das Asylrecht ist Ausdruck einer solidarischen und offenen Gesellschaft. Wir müssen den Menschen, die in Deutschland Schutz vor Verfolgung suchen, helfen. Wirtschaftliche Not im Heimatland schafft jedoch keinen Anspruch. Diese Art der Zuwanderung muss politisch und nicht auf dem Rücken der Landkreise, Städte und Gemeinden bewältigt werden. Politische Lippenbekenntnisse allein helfen nicht weiter.

Die aktuelle Flüchtlingswelle trifft uns weitgehend unvorbereitet. Containerunterkünfte wie in Nürtingen oder etwa auf dem Parkplatz vor dem Landratsamt sind Ausdruck hiervon und letztendlich nur als ultima ratio akzeptabel. Deshalb muss das Land jetzt dafür sorgen, dass die Dauer der Asylverfahren deutlich reduziert wird. Wer in Deutschland Asyl beantragt, darf nicht jahrelang im Ungewissen bleiben. Das ist keineswegs humanitär! Wir fordern die Landesregierung auf, kurzfristig konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Missstand zu beseitigen.

Die aktuelle Diskussion macht die Widersprüchlichkeit in unserer Gesellschaft deutlich: Wir erleben, dass Ministerpräsident Kretschmann, Integrationsministerin Öney, Vertreter von Kirchen und Sozialverbänden hohe moralische Anforderungen hinsichtlich der Unterkünfte und Versorgung formulieren und dann die Landkreise und Gemeinden bei der Umsetzung allein lassen.

Der Kreishaushalt ist hier von der Wirklichkeit überrollt worden und birgt millionenschwere Risiken. Finanzminister Schmid hat pressewirksam eine höhere finanzielle Landesbeteiligung angekündigt, was ohnehin nur der Rechtslage entspricht. Seither ist Schweigen im Walde. Wir fordern die Landesregierung auf, sich endlich zu einer Abrechnung nach tatsächlichen Kosten zu verpflichten. 

Sozialetat

Im Sozialetat scheint sich mit der Reduzierung des Nettoaufwands um 2,35 Mio. € der negative Trend der letzten Jahre nicht fortzusetzen. Genauer betrachtet zeigt sich jedoch, dass diese Betrachtung geschönt ist. Von der Entlastung bei der Grundsicherung im Alter von rund 6 Mio. € bleibt nur ein Teil übrig, die Reduzierung des Ansatzes bei der Schulsozialarbeit um 1,2 Mio. € ist ein Einmaleffekt und die Verwaltung verweist auf knapp kalkulierte Steigerungsraten. Man braucht also keine magische Kugel, um für 2015 wieder eine Steigerung bei der sozialen Sicherung zu prognostizieren.

Die Integration behinderter Menschen ist Ausdruck der Solidarität in unserer Gesellschaft. Ob bei der Kinderbetreuung, in der Schule, im Beruf oder im Alter: Behinderte Menschen müssen selbstverständlicher Teil unseres Alltags werden. Der Landkreis Esslingen leistet gemeinsam mit vielen kirchlichen und sozialen Partnern Vorbildliches. Die Finanzierung dieser wichtigen Aufgabe muss jedoch durch ein Bundesleistungsgesetz nachhaltig gesichert werden.

Inklusion kann aber nicht durch staatliche Angebote allein erreicht werden, sondern erfordert eine tiefgehende gesellschaftspolitische Veränderung, die nur gelingt, wenn sich alle beteiligen.

Der Ausbau der Kinderbetreuung geht mit großen Schritten voran. Es zeigt sich, dass für die unter 3-Jährigen mittlerweile genügend Betreuungsplätze angeboten werden. Eine differenzierte Betrachtung zeigt jedoch, dass sich die städtisch und die ländlich geprägten Teile des Landkreises auseinander bewegen. Während im Ballungsraum ein weiterer Ausbau notwendig wird, um ausreichend Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu schaffen, gibt es im ländlichen Raum zum Teil schon ein Überangebot.

Der allgemein gewünschte Ausbau weiterer Betreuungsgruppen ist nur die eine Seite der Medaille. Immer deutlicher wird, dass die Gemeinden dabei an ihre finanziellen Grenzen stoßen. Durch den Ausbau von Ganztagesangeboten an Grundschulen und weiterführen Schulen wird dies in den nächsten Jahren noch dramatisch verstärkt. Bund und Land sind deshalb gefordert, diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe sehr viel stärker mitzufinanzieren.

Mit dem Pakt für Familien ist die Landesregierung wieder in die Förderung der Schulsozialarbeit eingestiegen. Für das Schuljahr 2013/14 wurden 18 zusätzliche Stellen beantragt, insgesamt also 85 Stellen im gesamten Landkreis. Dieser Trend wird sich mit dem weiteren Ausbau der Ganztagsschulen fortsetzen. Deshalb muss die Bundesförderung über das Jahr 2013 hinaus beibehalten werden, sonst entsteht ab 2015 eine nicht zu schließende Deckungslücke. Auch von der Landesregierung brauchen die Kommunen ein klares Signal. 

 

Kreiskliniken 

Die Neuordnung der Kliniklandschaft im Kreis ist die Herausforderung der kommenden Monate. Wir setzen auf die Chance, die ein gemeinsames Klinikum im Kreis darstellt. Die Kreiskliniken haben ihre Situation in den letzten Monaten erheblich verbessert. Dies dient dieser gemeinsamen Zukunft. In einer konstruktiven Zusammenarbeit sind schon jetzt wertvolle Weiterentwicklungen vorbereitet worden, etwa für die Psychiatrie oder die Balance zwischen dem Haus in Esslingen und dem Standort Ruit.

Noch sind wir nicht am Ziel, aber wir sind überzeugt davon, dass Stadt und Kreis ihrer gemeinsamen Verantwortung gerecht werden – für eine wirtschaftliche Betriebsführung in öffentlicher Trägerschaft, ausgerichtet am Wohl der Patienten. Die dazu notwendige hohe medizinische Qualität erreichen wir nur, wenn wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantwortlich einbinden. Der seit Jahren anhaltende Schwebezustand muss rasch beendet werden.

Sorge bereitet uns Freien Wählern die Entwicklung der haus- und fachärztlichen Versorgung. Rund ein Viertel der Ärzte stehen in den nächsten Jahren vor der Praxisübergabe, Nachfolger sind häufig nicht in Sicht. Auf Antrag unserer Fraktion findet nun am 18. November die zweite Kreisgesundheitskonferenz statt. Wir erwarten, dass dort Impulse für die weitere Entwicklung gegeben werden. 

Verwaltungs- und Finanzausschuss 

Nach einer Erhebung des Deutschen Landkreistages hatten schon 2012 knapp die Hälfte der 295 Landkreise einen defizitären Haushalt und auch 2013 werden bundesweit 45 % der Landkreise den Haushaltsausgleich nur mit Schulden bewerkstelligen können. Insbesondere im sozialen Bereich und bei den Kliniken kämpfen viele Kreise mit einem strukturellen Defizit. Dieses Ergebnis ist erschreckend. Es gelingt nicht mehr, den Spagat zwischen möglichst geringer Kreisumlage einerseits und der Erfüllung der Aufgaben andererseits zu schaffen. Wir sind da in einer vergleichsweise noch günstigen Situation, obwohl wir durch die Finanzierung des Verbands Region Stuttgart, insbesondere auf dem Gebiet des ÖPNV, eine deutlich höhere Kreisumlage schultern müssen.

Ich habe vorhin dargelegt, dass die letzten Haushaltspläne des Kreises durchaus Luft hatten. Dies ist beim Etatentwurf 2014 nicht anders. Nach unserer Einschätzung wäre es durchaus möglich, die Kreisumlage gegenüber dem Verwaltungsentwurf um einen halben oder gar einen ganzen Punkt zu senken.

Dies wollen wir nicht.

Allerdings verknüpfen wir diese Haltung mit der klaren Aussage, dass alle im Laufe des Jahres frei werdenden Mittel oder Überschüsse in die Entschuldung gehen bzw. gezielt für die Maßnahmen bereit gestellt werden, die in der Prioritätenliste ganz oben stehen. Diesen Maßstab werden wir anlegen, wenn es darum geht, die mittelfristige Finanzplanung auf der Basis der von uns beantragten Infrastrukturanalyse fortzuschreiben. Eine Politik des lockeren Geldes wird es mit uns nicht geben.

 

Wir sind ein reicher Landkreis“.

Das ist für mich nicht in erster Linie eine finanzielle Betrachtungsweise, sondern vor allem eine Frage der damit verbundenen Solidarität und sozialen Gerechtigkeit.

Mit mehr als 190 Mio. € wenden wir einen Betrag auf, der fast dem Kreisumlageaufkommen entspricht. Dies muss uns angesichts einer florierenden Wirtschaft nachdenklich stimmen. Viele Familien und vor allem Alleinerziehende leben an der Armutsgrenze. Sie brauchen neben ihrem Arbeitseinkommen eine Aufstockung durch Sozialleistungen. Man muss sich schon fragen, ob dies in einer „sozialen Marktwirtschaft“ sein darf. Vor allem deswegen, weil eine solche finanzielle Abhängigkeit vom sozialen Netz für viele eine hohe psychische Belastung darstellt.

Und es gibt die andere Seite des Wohlstands. Ohne die Unterstützung durch unsere gut ausgebauten Beratungsstellen verlieren immer mehr Menschen die Orientierung bei Fragen der Erziehung oder der Überforderung im Beruf, ja sogar im Alltagsleben. Unsere Gesellschaft muss wieder mehr überkommene Werte wie Familiensinn, Solidarität gegenüber Alten und Schwachen, oder Fürsorge für unsere Jugend verinnerlichen. Der demografische Wandel ist eben weit mehr als eine Statistik.

Der Reichtum unseres Landkreises zeigt sich auch auf eine ganz andere Weise. Da ist unsere schöne Landschaft mit ihrem Erholungswert, die hohe Lebensqualität in unseren Gemeinden, eine Vielzahl von Kultur- und Bildungseinrichtungen, die Nähe zu einer insgesamt guten Verkehrsinfrastruktur, eine florierende Wirtschaft mit einer hohen Innovationskraft und weitgehend sicheren Arbeitsplätzen. Und wir haben eine ausgezeichnete Krankenhausversorgung mit kurzen Wegen, auch wenn oder gerade weil sie uns eine Menge Geld kostet.

Wie stehen da im Vergleich manche ländlichen Räume oder gar große Teile unserer neuen Bundesländer da? Während wir über Wohnungsnot und steigende Mieten klagen, gibt es dort Abwanderung und in der Folge den Verlust vieler lebensnotwendiger Einrichtungen. Dort ist kommunale Verantwortung eine enorme Belastung. Bei uns dagegen macht Kommunalpolitik Freude und schafft Befriedigung, sofern wir bereit sind, vernünftige Maßstäbe anzulegen.

Wenn wir mit diesen Augen betrachten, was in unserem Landkreis in den 40 Jahren seines Bestehens – und natürlich auch davor – geschaffen wurde, dann können wir zufrieden, ja stolz, sein. Ich meine da den Landkreis im weitesten Sinne des Begriffs. Die Wirtschaft, die Gemeinden, die Gesellschaft mit ihren Vereinen, Kirchen und Organisationen, uns alle, die wir dazu unseren Beitrag geleistet haben. Dazu gehören natürlich auch die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Einrichtungen des Kreises, denen wir für ihre Leistungsbereitschaft herzlich danken.

Der zufriedene Blick zurück ist das eine, unsere Verpflichtung für die Zukunft aber muss unser heutiges Handeln bestimmen.

 

Albert Camus, der auf den Tag genau vor 100 Jahren geboren wurde, hat das so beschrieben:

„Die wahre Großzügigkeit der Zukunft gegenüber besteht darin, in der Gegenwart alles zu geben.

 

Termine