Kreisrat Bürgermeister Marcel Musolf: Wir brauchen einen verlässlichen, attraktiven, klimaschonenden und nicht zuletzt auch bezahlbaren Busverkehr.

Der Verwaltungs- und Finanzausschuss und der Kreistag befassten sich in ihren letzten Sitzungen mit der Ausschreibung und späteren Vergabe von Linienbündeln im Busverkehr im Landkreis Esslingen. Anlass war die Insolvenz eines Unternehmens, das bisher in den Räumen Nürtingen und Neuffen beauftragt war.  Die Verbundlandkreise im Gebiet des Verkehrsverbunds Stuttgart (VVS) haben sich auf einheitliche und verbindliche Standards verständigt. Diese umfassen sowohl qualitative, technische als auch soziale Anforderungen, die als Vertragsbestandteil bei einer nachfolgenden Ausschreibung von den Verkehrsunternehmen verpflichtend einzuhalten sind.

 

 

Für die Fraktion Freie Wähler nahm Kreisrat Marcel Musolf in der Sitzung des Kreistags Stellung:

„Wir setzen heute für die nahe Zukunft neue Standards für unseren Busverkehr. Der ÖPNV in unserer Zuständigkeit im Bus-Verkehr muss sich entwickeln. Wir brauchen einen verlässlichen, einen attraktiven, einen klimaschonenden und nicht zuletzt auch bezahlbaren Busverkehr. Wenn wir die Verkehrswende ernst nehmen, wenn wir im Sektor Verkehr Klimaziele erreichen wollen, dann müssen die notwendigen Weichenstellungen vorgenommen werden.  Und dies aber gerade in den schwierigsten Zeiten, die der ÖPNV im Gesamten und im speziellen im Busverkehr wahrscheinlich jemals zu bestehen hatte.

Wir Freien Wähler begrüßen die Fortschreibung der Standards im Busverkehr der Verbundlandkreise. Die Richtung stimmt!

Die auf Rechtssicherheit bedachte und abgestimmte Vorgehensweise der Landkreise halten wir für gelungen und die unmittelbare Anwendung in den – notgedrungen – nun bereits wieder anstehenden Linienbündeln 9 und 12 für geboten.  Für die vorausschauende Arbeit danken wir der Verwaltung an dieser Stelle ausdrücklich.

Die neuen Standards stehen für große Schritten in Richtung eines

  • sauberen Busverkehrs und die Umsetzung höherer Umweltstandards,
  • eine Fahrzeugausstattung, die mit der Zeit geht, Barrierefreiheit verbessert und Kundenbedürfnissen Rechnung trägt und
  • daneben auch mit zunächst weniger bedeutsam erscheinenden oder technokratisch anmutenden Begriffen wie „automatische Fahrgastzählsysteme“ technische Hilfsmittel enthalten, die nicht nur bei der Einnahmeaufteilung, sondern gerade auch bei Ermittlung von Auslastungsfragen künftig deutliche Mehrwerte mit sich bringen.

Die neuen Standards werden Geld kosten. Ganz nach dem uns bestens bekannten Motto „wer bestellt, bezahlt“ sehen wir die daraus resultierenden Mehrkosten als Investition in einen zukunftsfähigen Busverkehr in unserem Landkreis.

Die Übernahme des BW-Index zur auskömmlicheren Finanzierung der Unternehmen ist schlicht notwendig und Preisaufschläge angesichts der derzeitigen Energiemarktentwicklungen zusätzlich zu bedenken. Die Rechnungen werden höher, aber ein funktionierender, nachhaltiger Busverkehr muss uns dies Wert sein!

Die Ausgestaltung der Wertungskriterien mit dem nach wie vor bedeutenden Preis als Hauptkriterium, flankiert mit Qualitätsparametern sehen wir als sach- und wettbewerbsgerechten Ansatz.

Qualität hat aber bekanntlich ihren Preis! Die Qualitätsfaktoren werden auch wiederum in die Kalkulation der Angebote einfließen. Dessen sind wir uns bewusst.

Den Umweltaspekt positiv herauszuheben ist ein gelungener Ansatz –  derjenige, der höhere Umweltstandards fahren wird, kann profitieren. Wie sich die konkrete Ausgestaltung in den kommenden Jahren darstellen wird, sowohl in Bezug auf die Fahrzeuge als auch der notwendigen Tank- und Ladeinfrastruktur bleibt heute noch abzuwarten. Eine Herausforderung wird dies bleiben. Der „wertende Fingerzeig“ ist aber auf die Zukunft ausgerichtet.

Die angebotenen Mehrleistungen zu berücksichtigen, belohnt die Unternehmen, die sich akribisch mit den Streckenverläufen und Optimierungen beschäftigen. Das Beste rauszuholen, das muss das Ziel sein und wird anerkannt. Gerade hier können die örtliche Kenntnisse ausschlaggebend sein.

Die Eigenerbringungsquote oberhalb der rechtlichen Mindestanforderungen zu bewerten ist strategisch richtig. Dennoch lassen die Wertungskriterien, gerade im Hinblick auf die seitherigen Erfahrungen mit Subunternehmerverkehre, den Busunternehmern weiterhin Spielräume je Linienbündel adäquate Lösungen für die Bedienung zu finden. Im Landkreis bestehen Linienbündel, in denen seit Jahr und Tag ein erheblicher Teil von Verkehrsleistungen sehr verlässlich durch kleinere Busfirmen bewerkstelligt werden. Dies soll und muss auch in Zukunft möglich sein. Ob durch Bietergemeinschaften und Bündelgewinner oder über Subverträge kann ein Auskommen der Firmen gewährleistet werden.

In einem wirtschaftlichen Umfeld nach mehr als zwei Jahren Coronapandemie, den immens gestiegenen Energie- und Spritpreisen, getrieben durch den schrecklichen Krieg Russlands in der Ukraine, stehen viele Busunternehmen am Scheideweg, ob der Betrieb noch aufrecht erhalten werden kann. Für die neuen Standards müssen die Busunternehmen erheblich investieren. Rücklagen sind verbraucht, Kreditlinien ausgereizt.

Was wir in der nahen Zukunft ganz sicher nicht brauchen können, sind Angebote, die aus vorhandenen und wachsenden Existenznöten sehenden Auges für die Laufzeit von acht Jahren eine Verlässlichkeit der Bedienung in Frage stellen.

Die differenzierte Aufstellung der kleinen und größeren mittelständischen Busunternehmen halten wir auch künftig für wichtig und wir wollen keiner Markbereinigung über Verdrängung Vorschub leisten.

Daher stimmen wir dem ausgewogenen Verwaltungsvorschlag geschlossen zu!“

 

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