Haushaltsrede 2006 – Alfred Bachofer
OB a.D. Alfred Bachofer, Nürtingen
Selten haben wir Kreisräte und die Städte und Gemeinden im Landkreis eine Botschaft unseres Landrats so gerne gehört wie die folgende zentrale Aussage in der Haushaltsrede vom 13. Oktober 2005:
Mit der Senkung der Kreisumlage wollen wir einerseits der schwierigen Haushaltslage unserer Städte und Gemeinden Rechnung tragen und andererseits auch dem Landkreis Hand-lungsfähigkeit erhalten. Wir wollen einen gerechten Ausgleich.
Auch die Presse hat diese Nachricht gerne aufgegriffen und u.a. getitelt: Kreis entlastet Kommunen, Kreisumlage geht zurück, Haushaltslage entspannt sich. Das Ganze hat nur einen Haken, es ist nicht so. Die Verwaltung beantragt mit ei-nem gewaltigen Sprung von 10 Mio nach oben die höchste Kreisumlage aller Zeiten. Ein vorübergehender Anstieg der Steuerkraftsumme auf 424 Mio basierend auf dem Jahr 2004 löst trotz reduziertem Hebesatz dieses Ergebnis aus. Dabei ist die kommunale Steuerkraft erst wieder auf dem Ni-veau von 2001 angelangt und eine durchgreifende Besserung ist nicht in Sicht, auch wenn erstmals seit langer Zeit die Steu-erschätzung für die Kommunen nicht unter sondern geringfü-gig über der Prognose lag. 2001 hatten wir allerdings bei glei-cher Steuerkraft nicht einen Hebesatz von 43,9 Punkten, son-dern von nur 36.5 Punkten, somit bei gleicher Steuerkraft ein Anstieg von 7,4 Punkten, das sind mehr als 20 %.
In meiner letzten Haushaltsrede hatte ich von einem Silber-streif am Horizont gesprochen, da war wohl der Wunsch der Vater des Gedankens. Ich hatte das auch weniger auf die Realität gestützt, sondern eher an die Bundestagswahl ge-dacht, die ja dann viel schneller kam als man damals ahnen konnte. Das dringend notwendige klare Ergebnis egal ob Rot-Grün oder Schwarz-Gelb blieb aus und heute wissen wir, dass ein großer Teil der Wähler nur solche Reformen will, die ihm selbst nichts antun. Viele glaubten den Parteien und Politikern, die in den Wochen vor der Wahl wieder das ver-sprochen haben, was sie nicht halten können.
Natürlich ist die sich abzeichnende große Koalition kein Un-glück, sondern vielleicht die von vielen nachdenklichen Bürge-rinnen und Bürgern herbeigesehnte Chance, dass eine breite parlamentarische Mehrheit eher in der Lage ist, die notwendi-gen Reformschritte in gesamtgesellschaftlichem Konsens in Angriff zu nehmen und vor allem auch durchzuhalten. Die bisherigen Signale aus Berlin verheißen allerdings wenig Gu-tes aber Wunder geschehen immer wieder.
Man muss nicht schwarz in schwarz malen, die Wahrheit ist schon schlimm genug. Seit Jahren kein Wirtschaftswachstum, Maastricht-Kriterien nicht eingehalten, Herbstgutachten redu-zieren erneut die Konjunkturprognosen, die Arbeitslosenzahlen gehen nur marginal zurück – ehrlicherweise müsste man Zah-len zwischen 6 und 7 Mio nennen -, die Soziallasten explodie-ren, allein dem Bund fehlen 35 Milliarden , den Ländern und Kommunen geht es nicht viel besser und, und und………… In dieser Lage entscheiden ehrliche Aussagen wie die sicher nicht unproblematische Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Senkung der Lohnnebenkosten, Vereinfachung des Steuersys-tems, Flexibilisierung des Arbeitsmarkts und Reduzierung von Leistungsgesetzen die Wahl. Was muss noch geschehen bis die Politiker und wir alle begreifen, dass wir so nicht weiter-wursteln können? Wir versündigen uns an der Zukunft, wenn die große Koalition es nicht schafft, das Steuer herumzurei-ßen!
Die Verantwortung liegt natürlich nicht allein bei der Politik, sondern auch in Händen der Wirtschaft und bei uns selbst. Es muss zu denken geben, dass unsere Volkswirtschaft in den letzten Jahren um 7 Prozent gewachsen ist, während gleich-zeitig das Steueraufkommen um 2,5 Prozent zurückging. Steuerflucht, Schwarzarbeit, Insolvenzen und Manipulationen z.B. bei der Umsatzsteuer (allein hier verliert der Bund jährlich 10 Milliarden ) sind mitursächlich.
Dazu passen dann handwerkliche Fehler bei der Hartz-Reform und Missbrauch, die die Belastung des Bundes von 15 auf 26 Milliarden anwachsen lassen. Über all diesem Chaos ist die eigentliche Zielrichtung von Hartz-IV, mehr Menschen in Arbeit zu bringen, fast in den Hintergrund getreten. Ohnehin fehlen dazu die notwendigen Arbeitsplätze. Man kann es auf den ein-fachen Nenner bringen, diesen unübersehbaren Berg können wir nur und erst dann abtragen, wenn die Wirtschaft wieder wächst und neue Arbeitsplätze entstehen. Dazu müssen die vielen Nadelstiche, überzogene Standards und bürokratischen Hemmnisse der letzten Jahre beseitigt werden
Wenn die Bemühungen des Bundes und der Länder zur Haushaltskonsolidierung allerdings darin münden, den Kom-munen weitere Lasten aufzubürden, entsteht ein nicht wieder gut zu machender Schaden. Es ist kein lockerer Spruch, wenn ich an dieser Stelle erneut betone: Ohne Kommunen ist kein Staat zu machen.
Diese Aussage muss man in aller Deutlichkeit auch an die Ad-resse des Landes Baden-Württemberg richten, das seit Jahren in die kommunalen Kassen greift, um den Landeshaushalt
über Wasser zu halten. Der Landrat hat den Mittelentzug 2006 auf rd. 600 Mio beziffert, eine gewaltige Summe, die bei den für die Wirtschaft und die Infrastruktur so dringend benötigten Investitionen fehlt. Auch die jetzt erzielte Einigung zur Finan-zierung der Ganztagesgrundschulen und der Kinderbetreuung bürdet den Gemeinden etwa 3/4 des Gesamtaufwands auf. Es darf auch nicht das Geld an einer Stelle weggenommen wer-den, um es dann gekürzt als zeitlich begrenzten Förderanreiz wieder zurückzugeben. Diese Lockvogelangebote müssen ein Ende haben, das Land muss sich als langfristig verlässli-cher Partner der Gemeinden bei der Erfüllung gemeinsamer Aufgaben erweisen.
Mit der Reform der staatlichen Sonderbehörden hat das Land das öffentliche Bekenntnis abgelegt, dass es sich das nicht zutraut, was man von den Landkreisen erwartet, nämlich eine wirtschaftlichere und sparsamere Verwaltungsführung. Wir Freien Wähler stehen zu dieser Reform, allerdings in dem Sin-ne, dass die Chancen zu mehr Bürgernähe, zur Aufgabenkri-tik, Entbürokratisierung und Kostensenkung im kommunalen Raum eher genutzt werden. Die Landkreisverwaltung muss dabei der Gefahr begegnen, dass sie sich nicht verstaatlicht und zu einer Mammutbehörde wird, die sich von den Men-schen entfernt. Wir stehen daher mit Überzeugung zu einer begrenzt dezentralen Konzentration, soweit es sich um Ämter mit einer weitgehend in sich geschlossenen Aufgabenstellung handelt wie z.B. die Straßenbauverwaltung, den Forst, das Landwirtschaftsamt oder die Schulverwaltung. Schön wäre es, wenn sich das Land an seinen eigenen Vorgaben ein Beispiel nehmen würde so könnten wir uns durchaus die Zusammen-legung von Ministerien vorstellen, da wären vielleicht mehr als 20 % drin.
Antrag 1
Die Verwaltung zeigt im Laufe des Jahres 2006 auf, welche Aufgaben der neuen Gesamtverwaltung ganz oder teilwei-se verzichtbar sind und welche Initiativen bzw. Gesetzes-änderungen dazu notwendig wären.
Einer Klärung bedarf dringend der Ausfall von 500 000 an Vermessungsgebühren, der den Kostenreduzierungseffekt der Behördenreform zumindest im ersten Jahr ins Gegenteil ver-kehrt. Das Gebührenrecht muss aufwandsbezogen ausgestal-tet werden, denn wir glauben nicht daran, dass das Land seine Erstattungen nachbessert. In die angekündigten Verhandlun-gen zwischen Landkreistag und Land sollte ein Vorschlag zur Veränderung der Vermessungsgebühren eingebracht werden.
Antrag 2
Der Landkreis Esslingen ergreift über den Landkreistag eine Initiative zur Neuordnung des Vermessungsgebüh-renrechts mit Ziel, die Gebühren stärker am Aufwand als am Bodenwert auszurichten.
Als vor mehr als 10 Jahren der Verband Region Stuttgart mit einer direkt gewählten Verbandsversammlung entstand, wurde notwendigerweise auf die besonderen Herausforderungen des Ballungsraums Stuttgart reagiert. Mittlerweile hat sich aber auch die Befürchtung bestätigt, dass dadurch ein weiterer Ver-schiebebahnhof zu Lasten der Landkreise und Gemeinden entstanden ist. Allein im Landkreis Esslingen müssen 2006 rd. 14 Mio an Verbandsumlagen aufgebracht werden, die in den Landkreisen außerhalb der Region Stuttgart nicht anfallen. Hauptursache ist die Kommunalisierung der ÖPNV-Kosten. Deshalb war der Vorstoß der Landräte, hier zu einer Reduzie-rung und gerechteren Verteilung des Aufwands zu kommen, überfällig und notwendig.
Auch wenn es nicht die großen Brocken sind, Verwaltung und Gremien des VRS legen bei weitem nicht die harten Sparmaß-stäbe an, wie sie bei uns gang und gäbe sind. Wir Freien Wäh-ler stehen insgesamt zur Aufgabenstellung der Region und tragen deren Kernaufgaben mit, beanstanden aber nach wie vor eine Vielzahl von vermeidbaren Ausgaben, die die Kom-munen völlig unnötig belasten. Dass daneben die manchmal übertriebene Gängelung der kommunalen Planungshoheit ein Ärgernis darstellt, sei nicht verschwiegen.
Der Kreishaushalt 2006
Unsere Fraktion hat in ihrer Klausursitzung den Haushalt er-neut auf mögliche Verbesserungen abgeklopft. Dabei hat sich bestätigt, dass – wenn überhaupt nur marginale Veränderun-gen möglich sind. Sollten sie tatsächlich eintreten, mag dies dem Rechnungsergebnis zugute kommen. In gemeinsamen Anstrengungen haben Kreistag und Verwaltung den Haushalt soweit wie nur möglich entlastet, die Sach- und vor allem die Personalkosten sind ausgereizt. Trotzdem muss das Einspa-rungsziel der Verwaltungsreform erarbeitet werden Effizienz-rendite halte ich für ein Unwort. Dazu brauchen wir motivierte und zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht ständig mit dem überholten Vorwurf zu hoher Personalauf-wendungen konfrontiert werden. Unsere Fraktion hat das Ver-trauen, dass die Verwaltung unter Ihrer Führung, Herr Landrat Eininger, diese Herausforderung offensiv und konstruktiv an-geht.
Ausschuss für Technik und Umwelt
Wir sind uns sicher einig in der Einschätzung, dass für unser umfangreiches Kreisstraßennetz zu wenig Mittel für Unterhal-tung, Generalsanierung und Neubau zur Verfügung stehen. Das von der Verwaltung vorgelegte langfristige Konzept und die durchgeführte Besichtigungsfahrt haben dies mehr als deutlich gemacht. Der Substanzverlust beschleunigt sich umso schneller, je später und unzureichender wir an Erhaltungs-maßnahmen herangehen. Wir sollten den Planansatz für Be-lagserneuerungen anheben, denn ein intaktes Straßennetz ist ein bedeutender Standortfaktor und eine wichtige Dienstleis-tung gegenüber unseren Autofahrern.
Antrag 3
Die Verwaltung unterbreitet dem Ausschuss für Technik und Umwelt auf der Basis der erarbeiteten Prioritätenliste einen Vorschlag zur Aufstockung des Straßeninstandset-zungsprogramms 2006 um einen Betrag von maximal
500 000 .
Langfristige Vorsorge und rechtzeitiges Handeln waren unsere Maxime bei der Müllentsorgung. Mit dem Wegfall der Deponie-rung unbehandelter Abfälle sind die wenig umweltfreundlichen und nur scheinbar preiswerten Entsorgungspfade der gewerb-lichen Abfallwirtschaft verstopft und plötzlich kommt es zu Engpässen bei der thermischen Behandlung mit der Folge, dass die Tonnenpreise nach oben schießen. Wohl dem Land-kreis der sich, wie wir, langfristig und preiswert die notwendi-gen Kapazitäten vertraglich gesichert hat. Ihnen, Herr Landrat Eininger und Herrn Hahn, gebührt der Verdienst, die Weichen rechtzeitig gestellt zu haben. Heute wäre unsere Verhand-lungsposition weitaus schlechter. Dieser Erfolg kommt unseren Gebührenzahlern zugute, denn innerhalb weniger Jahre konn-ten wir die Müllgebühren fast halbieren. Seien wir auch froh, dass wir auf die richtige Technologie gesetzt haben, sonst wä-re der Verlust der EnBW bei Thermoselect noch höher als 400 Mio und wir säßen ganz schön in der Tinte.
Sozial- und Jugendhilfe
Die Ausgaben im sozialen Bereich bleiben die größte Heraus-forderung im Kreishaushalt. Die Gesamtaufwendungen belau-fen sich auf rund 163 Mio . Die Netto-Belastung stagniert auf hohem Niveau bei knapp 129 Mio . Dies ist und bleibt ein Grund zu großer Besorgnis, denn darin spiegeln sich die ge-samtwirtschaftliche Lage und der überzogene Ausbau von Leistungsgesetzen wider. Seit Jahren fordern wir von den Ver-antwortlichen in Berlin und Stuttgart wirksame Entlastungen zahlreiche Vorschläge liegen auf dem Tisch.
Zu einem Desaster entwickeln sich die Hartz-IV-Reformen. Man muss Verständnis haben, dass eine umfassende Neuor-ganisation der Arbeitsverwaltung Zeit zur Entwicklung braucht. Wir sehen auch, dass diese Veränderung im Landkreis Esslin-gen durchaus positiv läuft. Genauso deutlich werden aber die Grenzen einer zentralistisch aufgebauten Behörde wie der Bundesagentur für Arbeit sichtbar, die auch nach 10 Monaten noch nicht in der Lage ist, grundlegende Verwaltungsabläufe reibungslos zu organisieren. Das Nürnberger Datenchaos ist deshalb ein unakzeptables Ärgernis! Dieses belastet nicht nur den Kreishaushalt, sondern auch die Arbeit der Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter der Job-Agenturen im Landkreis.
Mit großem Unverständnis nehmen wir zur Kenntnis, wie der ehemalige Superminister Clement versucht, die zweifelhafte Datenlage dazu zu nutzen, die selbstverschuldeten Mehrauf-wendungen auf die kommunale Seite abzuwälzen. Die rot-grüne Bundesregierung hat in ihren letzten Tagen noch einen Gesetzentwurf zur Änderung des Sozialgesetzbuchs II auf den Weg gebracht, um die Bundesbeteiligung an den Unter-kunfts- und Heizkosten nachträglich ab dem Jahr 2005 auf Null zu setzen. Wir fordern das Land und die kommunalen Spitzen-verbände auf, entschiedenen Widerstand zu leisten, denn dies würde zu einem Kollaps der Kommunalhaushalte führen. Landrat Eininger hat in seinem Appell an die Bundestagsab-geordneten die erschreckenden Mängel und den Korrekturbe-darf deutlich aufgezeigt.
Antrag 4
Die Fraktion Freie Wähler beantragt einen ausführlichen Bericht über die konkreten Auswirkungen der Hartz-IV-Gesetzgebung auf den Kreishaushalt und die Risiken, die durch das Revisionsverfahren drohen.
Auch die Grundsicherung für Ältere und Erwerbsgeminderte muss an dieser Stelle nochmals angesprochen werden. Die frühere Bundesregierung und die örtlichen Abgeordneten ha-ben fest zugesagt, dass spätestens mit der Revision diese Leistung für die kommunale Seite kostenneutral ist. Der Kreis-sozialbericht 2004 geht ab dem Jahr 2005 entgegen aller Zu-sagen von Mehrbelastungen für den Kreishaushalt in Höhe von 1,3 Mio. jährlich aus.
Antrag 5
Wir beantragen einen Bericht, wie die Verwaltung die ak-tuelle Entwicklung bei der Grundsicherung für Ältere und Erwerbsgeminderte einschätzt und insbesondere zum Stand der zum 31. Dezember 2004 zugesagten Revision.
Eine Errungenschaft der rot-grünen Ex-Regierung ist das Ber-liner Perpetuum Mobile, auch Tagesbetreuungsausbauge-setz genannt. Die Kommunen sollen die Kindertagesbetreu-ung mit Einsparungen aus der Hart-IV-Gesetzgebung ausbau-en, die sich tatsächlich als Mehraufwand darstellen. Es spricht für den politischen Gestaltungswillen und die Leistungsbereit-schaft der Städte und Gemeinden, dass sie in den letzten Jah-ren die gesellschaftliche Notwendigkeit erkannt und trotz leerer Kassen ihre Angebote für Kinder berufstätiger Eltern deutlich verbessert haben. Da die örtlichen Anforderungen sehr unter-schiedlich sind, brauchen die Kommunen den größtmöglichen Gestaltungsspielraum. Nur so wird ein bedarfsgerechter und finanzierbarer Ausbau der Kinderbetreuung in unseren Städten und Gemeinden ermöglicht.
Wir Freien Wähler waren bei der Budgetierung des Kreisju-gendringetats und der notwendigen Neuorientierung der Ju-gendarbeit die treibende Kraft und stellen heute mit Befriedi-gung fest, dass diese Entscheidung nicht nur aus wirtschaftli-chen Gründen richtig war. Der KJR hat die Freiheiten einer größeren Eigenverantwortung und zur sozialraumorientierten Jugendarbeit genutzt, um sich positiv weiterzuentwickeln. Mit Blick auf die für 2006 anstehenden Verhandlungen über das Budget ab 2007 möchten wir bereits jetzt darauf hinweisen, dass aufgrund der finanziellen Möglichkeiten im Kreishaushalt nicht das Wünschenswerte, sondern das Leistbare Grundlage für die weiteren Entscheidungen sein muss.
Unsere Krankenhäuser
Aus den Krankenhäusern mit der Pflicht zur Daseinsvorsorge wird immer mehr ein Gesundheitsmarkt. Wir müssen Geld ausgeben um unsere Krankenhäuser attraktiv und damit wett-bewerbsfähig zu machen. Wir müssen uns unternehmerisch verhalten. Wir müssen investieren um längerfristig medizinisch und finanziell erfolgreich arbeiten zu können, erfolgreich auf diesem Gesundheitsmarkt bestehen zu können.
Dafür stehen
Unsere großen Investitionen in Nürtingen und Kirchheim, die wir in den kommenden Jahren noch schultern wollen und müssen.
Das Gesundheitszentrum und Vitalcenter in Ruit, ein neuer Weg zur Förderung des Gesundheitsbewusst-seins und zur aktiven Beteiligung der BürgerInnen (Pa-tienten) an ihrer eigenen Gesundheitsvorsorge.
Ein Kompliment an die Kreisverwaltung, sie hat diese Chance erkannt. Wir sind vom Erfolg dieses Weges
überzeugt.
Linkskathetermessplatz in Kirchheim
Eine Entscheidung zugunsten einer besseren Hilfemög-lichkeit im Raum Kirchheim – Schnelligkeit ist bei Herz-infarkten entscheidend – und ein klares Bekenntnis zur langfristigen Zukunftssicherung des Hauses.
Wir haben wichtige Weichen gestellt:
Zusammenfassung aller Kreiskliniken zu einem Eigen-betrieb. Dies ermöglicht ein gesamtbetriebliches Den-ken und Handeln und erfordert ein gesamtbetriebliches Management. Hohe medizinische Qualität und Wirt-schaftlichkeit sind die Maximen.
Mit der Besetzung der dafür geschaffenen Direktoren-stelle haben wir uns auch personell neu aufgestellt. Darauf dürfen wir uns nicht beschränken. Der neue Ge-schäftsführer und die beiden Direktoren müssen ein Führungsteam darstellen, sie müssen gemeinsam die Verantwortlichkeiten und Kompetenzen herausarbeiten, sonst liegen Wissen und Erfahrung brach. Wir werden im Betriebsausschuss darauf zurückkommen.
Damit sind organisatorisch und personell wichtige Vor-aussetzungen für die Fortentwicklung unseres Unter-nehmens Kreiskrankenhäuser geschaffen. Darin sehen wir auch ein neues Potenzial zur Kooperation innerhalb unserer eigenen Häuser und eine Chance, ja eine Pflicht, zur Kooperation auch mit anderen Krankenhäu-sern in unserem Landkreis.
Wir haben deshalb hohe Erfolgserwartungen an den neuen Direktor und sein Team, insbesondere erwarten wir auch konkrete Vorschläge, ja ein Kooperationsmo-dell mit den städtischen Kliniken in Esslingen.
Bei aller Sorge um die Finanzierung dürfen wir aber auch auf die Bedeutung unserer Krankenhausinvestitio-nen für die Bauwirtschaft und für den medizinischen Geräte- und Apparatebau hinweisen. Wir sind ein un-verzichtbarer Auftraggeber und ein wichtiger Arbeitge-ber, unser Unternehmen Kreiskrankenhäuser bietet mehr als 2000 Arbeitsplätze.
Unser Dank gilt den Ärzten und allen übrigen Mitarbeiterin-nen und Mitarbeitern für ihren Dienst am Patienten.
Noch ein Wort zur Psychiatrie:
Unser vorbildliches Engagement in Plochingen und Kirchheim soll durch Tageskliniken auf den Fildern und in Plochingen wohnortnah und kostengünstig ergänzt und weiterentwickelt werden.
Warum das Land jetzt überraschend entgegen dieser gemein-samen Erkenntnis und entgegen aller Absprachen und Zusa-gen eine Rückwärtsstrategie einschlägt und Zwiefalten wieder als bessere Lösung anpreist, ist sachlich überhaupt nicht
überzeugend und nicht gerechtfertigt. Es ist im Gegenteil sehr durchsichtig, man will das eigene Haus in Zwiefalten sichern, auf dem Rücken der Patienten unseres Landkreises.
Wenn Wohnortnähe Kosten spart und Teil einer erfolgreichen Therapie ist, dann hat auch das Land die Pflicht an diesem Erfolgsmodell mitzuwirken. Wir müssen vom Land daher nachdrücklich und energisch verlangen, zur gemeinsam entwi-ckelten Linie zurückzukehren.
Wir haben Anspruch auf Verlässlichkeit.
Schulen und Kultur
Mit Gesamtinvestitionen im Berufsschul- und Sonderschulbe-reich von rd. 35 Mio schlägt der Landkreis Esslingen alle bisherigen Investitionsrekorde im Schulhausbau. Dazu kom-men noch große Sanierungsmaßnahmen von rd. 7 Mio ins-besondere im Bereich der Philipp-Matthäus-Hahn-Schule. Al-lein diese Zahlen zeigen bereits überdeutlich, wo unser Land-kreis den Schwerpunkt seiner Zukunftsinvestitionen setzt. Eine qualifizierte Ausbildung unserer Schülerinnen und Schüler ist die Grundvoraussetzung dafür, dass wir in Zukunft wenigstens annähernd unseren Wohlstand halten können.
Mit dem Bau der Verbundschule in Dettingen lösen wir ein großes Raumproblem und zeigen damit gleichzeitig, dass bei uns auch in schwieriger gewordenen Zeiten die Schwächeren in unserer Gesellschaft nicht zu kurz kommen. Wir Freie Wäh-ler haben uns in all den Jahren mit dem notwendigen Nach-druck und in Wahrnehmung unserer Verantwortung dem Auf-gabengebiet Schulwesen gestellt.
Zwischen 14 kaufmännischen Schulen in 10 Landkreisen wur-de ein Vergleich über deren Wirtschaftlichkeit vorgenommen, bei dem der Landkreis Esslingen sehr gut abgeschnitten hat. Dieses Ergebnis bitten wir dem zuständigen Ausschuss zur Verfügung zu stellen.
Schulbudgets
Ein gut funktionierendes Schulwesen erfordert neben geeigne-ten Schulräumen auch eine ausreichende Finanzausstattung der Schulen. In großer Solidarität im Hinblick auf die umfang-reichen Neubauten haben sich die Schulen in ihrem Budget auf die dringend notwendigen Mittel beschränkt. Deshalb wol-len wir den Schulen Planungssicherheit geben und auf weitere Einschnitte verzichten. Das Angebot der Schulen, sich bei zwingendem Bedarf gegenseitig zu helfen begrüßen wir, ein Mitteltausch sollte allerdings über den Fachausschuss abge-wickelt werden.
Wir wissen, dass im gewerblichen Bereich das Budget aus-kömmlich ist, um zwingend notwendige Rücklagen für größere Anschaffungen zu bilden. Engpässe gibt es im kaufmänni-schen Bereich. Dies liegt nicht nur an gestiegenen Schülerzah-len und Lehrplänen, sondern auch an den umfangreichen An-schaffungen im EDV-Bereich.
Antrag 6
Wir Freien Wähler beantragen, dass sich der Kultur- und Schulausschuss mit der finanziellen Situation der kauf-männischen Berufsschulen, insbesondere der Frage der EDV-Ausstattung, auseinandersetzt. Die Schulen sollten dabei mit vertreten sein.
Freilichtmuseum
Der Weg zur Kostenentlastung des Landkreises durch Ein-nahme von Werbemitteln wird begrüßt. Dies darf aber nicht zu einer Erhöhung des Kostendeckels von 750 000 führen. Aus Gründen der Klarheit sollte das Budget unter Einbeziehung der kalkulatorischen Kosten ohne Ausweitung neu festgesetzt werden. Kalkulatorische Kosten sind keine Luftnummern, son-dern realer Aufwand.
Antrag 7
Wir beantragen eine Neufestsetzung des Budgets des Freilichtmuseums ohne Ausweitung unter Einbeziehung der kalkulatorischen Kosten.
Ein neues Eingangsgebäude, das langfristig durchaus wün-schenswert ist, kann gegenwärtig auch unter Verwendung von Spenden – nicht finanziert werden. Evtl. Spenden müssen zur Haushaltsentlastung beitragen. Bei der Entscheidung über das Haus Aichelau war man sich einig, dass bis auf weiteres keine Neuinvestitionen mehr in Angriff genommen werden. Daran halten wir fest.
Zentralisierung der Kreisbildstelle.
Nachdem der Kreistag inzwischen die notwendigen Entschei-dungen im Zusammenhang mit der Zentralisierung der Verwal-tungsräume in Esslingen getroffen hat, steht aus unserer Sicht einer baldigen Zusammenfassung der Kreisbildstellen in Nür-tingen nichts mehr im Wege.
Verwaltung und Finanzen
Die von mir eingangs schon angesprochene Behördenreform und die Einbindung der neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hier im Hause auf einem guten Weg. Neben der Integration gilt es nun Überlegungen zu einer gezielten Entwicklung und Förderung des ganzen Verwaltungsteams anzustellen. Die MitarbeiterInnen haben ein Anrecht darauf zu erfahren, welche Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten sich bieten. Wir begrüßen die Zielsetzung des neu gewählten Dezernenten Maier, der eine intensive Mitarbeitermotivation für grundlegend hält.
Kreisumlage
Auch wenn jedem von uns klar ist, dass es nicht auf den He-besatz, sondern auf das absolute Aufkommen an Kreisumlage ankommt, starrt man doch immer wieder auf den Hebesatz z.B. wenn man einen landesweiten Vergleich anstellt. Wir soll-ten uns davon nachhaltig lösen und die von den Gemeinden aufzubringende Gesamtsumme zum Maß der Dinge machen. Da der Landkreis praktisch keine Ersatzeinnahmen hat, muss man ihm das geben, was er für einen gesetzmäßigen und ver-antwortungsvollen Haushalt braucht. Der Landkreis mit seinen Städten und Gemeinden bilden aber auch eine kommunale Familie, dies setzt eine Gesamtbetrachtung und nicht nur die Sicht durch Kreisbrille voraus. Herr Landrat Eininger, da wollen wir Sie an Ihr eigenes Wort bei Haushaltseinbringung erinnern:
Wir wollen einerseits der schwierigen Haushaltslage unserer Städte und Gemeinden Rechnung tragen und andererseits auch dem Landkreis Handlungsfähigkeit erhalten. Wir wollen einen gerechten Ausgleich.
Das will unsere Fraktion auch!
Das Aufkommen an Kreisumlage belief sich 2005 auf
176 Mio , beantragt sind jetzt 186 Mio . Damit liegt die Zu-führungsrate an den Vermögenshaushalt um mehr als
5 Mio über dem gesetzlichen Mindestbetrag. Davon können die Städte und Gemeinden nur träumen, denn sie müssen im kommenden Jahr weit überwiegend den Verwaltungshaushalt mit Vermögen oder gar Schulden ausgleichen, handeln also teilweise gesetzwidrig. Einzelne Große Kreisstädte weisen ein Defizit im Verwaltungshaushalt von mehr als 5 Mio aus, fast unvorstellbare Größenordnungen. Nach unserer Einschätzung wird in den Gemeinden im Landkreis ein Gesamtdefizit im laufenden Betrieb von mehr als 20 Mio entstehen. In einer sol-chen Situation darf der Landkreis die Gemeindehaushalte nicht noch mehr in die Rechtswidrigkeit oder in eine Haus-haltslage hineinmanövrieren, die nicht verantwortbar ist. Das Wort vom gemeinsamen Boot darf keine leere Hülse sein!
Wenn schon Schuldaufnahmen unvermeidbar sind, was zu bedauern ist, dann sollten sie dort ausgewiesen werden, wo investiert wird. Dies tut unser Kreis in vorbildlicher Weise. Niemand kann es ernstlich beanstanden, wenn zur Bewälti-gung der notwendigen Kraftakte im Krankenhaus- und Schulwesen Kredite aufgenommen werden müssen, zumal wir ge-genwärtig ein historisches Zinstief haben. Die Alternative wären mindestens genau so viel Schulden in den Gemeindehaushalten bei allerdings weniger günstigen Konditionen an-gesichts kleinerer Volumina. Wir vertreten die Auffassung, dass wir einen gesetzmäßigen Kreishaushalt brauchen, aber auch keine Überforderung der Kommunen. Diese brauchen Luft, bis die Talsohle durchschritten ist. Das nennen wir einen gerechten Interessenausgleich!
Deshalb plädieren wir für ein Umlageaufkommen von rd.
181 Mio und einen Hebesatz von 42,9 Punkten. Auf dieser Summe von 181 Mio wollen wir aus Gründen einer gewissen Planungssicherheit für die Kommunen künftig aufbauen, wohl wissend, dass steigende laufende Kosten und/oder ein Rück-gang der Steuerkraft einen höheren Hebesatz zur Erzielung des benötigten Aufkommens nach sich ziehen würden.
Für das Jahr 2006 hat der Kreis übrigens noch die Reserve eines zu erwartenden Überschusses 2005 mit rd. 2 Mio .
Antrag 8
1. Der Hebesatz der Kreisumlage 2006 wird 42,9 Punk-te festgelegt.
2. Der Ausgleich erfolgt, soweit keine anderen Deckungsmittel zur Verfügung stehen, über zusätzli-che Kreditaufnahmen.
Schlussbetrachtung
Bei der Bundestagswahl hat sich ein großer Teil der Wähler für das Wünschenswerte entschieden. Jetzt muss sich die Politik bewähren im Spannungsfeld zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Wir Freien Wähler zweifeln nicht daran, dass man im Bund und in den Ländern längst die Realitäten erkannt hat. Mit Blick auf die in viel zu kurzen Abständen folgenden Wahlter-mine fehlte aber bisher der Mut zur öffentlichen Wahrheit und zur Durchsetzung einschneidender Reformen. Die große Koalition muss jetzt das Tor zur Einsicht öffnen und die Konsequenzen aus der Erkenntnis ziehen, dass auf wichtigen Auf-gabengebieten vieles nicht mehr machbar ist oder zurückge-dreht werden muss. Die Politik und wir alle brauchen Wirklich-keitssinn und Vernunft, Zukunftsangst darf nicht zu einer Tugend werden.
Wirklich helfen kann aber nur ein nachhaltiger Wirtschaftsauf-schwung und ein Abbau der Arbeitslosigkeit. Darauf müssen alle Kräfte ausgerichtet werden. Wer nur Besitzstände vertei-digt, begegnet denen, die vor der Tür stehen, mit sozialer Kälte.
Soziale Gerechtigkeit muss daher Leitschnur sein. Dies be-deutet jedoch Hilfe zur Selbsthilfe und kein versorgungsstaatli-ches Denken, denn zwischen wirtschaftlicher Leistungskraft und sozialem Standard besteht ein untrennbarer Zusammenhang.
Die Gemeinden und Landkreise können und werden einen nachhaltigen Beitrag dazu leisten, wenn Bund und Land ihnen das belassen, was Grundgesetz und Landesverfassung garan-tieren:
Gestaltungsfreiheit und Eigenverantwortung in Selbstverwaltung – basierend auf einer nachhaltig soliden Finanzausstattung.
Ansprechpartner:
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