Frank Buß, Bürgermeister in Kohlberg zur Fortschreibung des Kreisbehindertenhilfeplans

Frank Buß, Bürgermeister in Kohlberg zur
Fortschreibung des Kreisbehindertenhilfeplans

Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Damen und Herren,

der Landkreis Esslingen kommt seit 25 Jahren in vorbildlicher Weise seiner Verpflichtung nach, für behinderte Menschen angemessene Lebensbedingungen zu gestalten. Als erster Landkreis wurde 1980 ein Kreisbehindertenplan aufgestellt, der mittlerweile in Teilplänen mehrfach fortgeschrieben wurde.

Die vorliegende Fortschreibung für den ambulanten Bereich reiht sich in diese gute Tradition ein und zeigt in übersichtlicher, verständlicher Form den aktuellen Sachstand und die Perspektiven für die weitere Entwicklung auf.

Es wird deutlich, dass wir gemeinsam das Erreichte erhalten und weiterentwickeln müssen. Ich darf deshalb den herzlichen Dank der Fraktion FREIE WÄHLER an die Planverfasser, Herrn Sozialdezernent Krug, Frau Buchartz und den Mitgliedern des Planungsbeirates, für dieses Planwerk aussprechen.

Unsere Gesellschaft basiert auf christlichen Grundwerten, die über die Jahrhunderte die Menschen in unserem Land geprägt haben und somit wesentliche Voraussetzung für die humanistische Gesellschaft waren, in der wir heute leben dürfen. Im Neuen Testament findet sich eine Vielzahl biblischer Geschichten, in denen der Umgang mit Blinden, Lahmen, Aussätzigen oder anderen Behinderten geschildert wird. In den Jahrtausenden, die seitdem vergangen sind, war stets der Umgang mit den Schwachen, Kranken und Alten der entscheidende Parameter für den Entwicklungsgrad einer Gesellschaft. Gerade die heutige Trauerfeier in Filderstadt mahnt uns zur Erinnerung, wie schrecklich totalitäre Regime mit ihrer menschenfeindlichen Ideologie mit Behinderten umgegangen sind.
Alle demokratischen Kräfte müssen deshalb zwingend das gemeinsame Ziel verfolgen, das wir auch in Zukunft behinderten Menschen zielgerichtete und bedarfsorientierte Hilfen auf hohem Niveau leisten.

Diese Planfortschreibung dokumentiert die guten, gewachsenen Netzwerke in unserem Landkreis. Sie zeigt auf, welche Chancen und Möglichkeiten für künftige Entwicklungen bestehen. Es wird deutlich, dass es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt. Aufgaben des Landkreises sind vor allem die Planung, Steuerung und Koordination bei der Behindertenhilfe – die Umsetzung kann er allein nicht schultert. Deshalb ist unsere Struktur mit zahlreichen kirchlichen und freien Trägern, zahlreichen Organisationen uns Selbsthilfegruppen, die das operative Geschäft leisten, der richtige Weg, den wir weiter gehen müssen. An dieser Stelle darf ich deshalb im Namen unserer Fraktion Allen danken, die sich für behinderte Menschen in unserem Landkreis mit großem Engagement einsetzen. Ihre Arbeit ist wertvoll und unbezahlbar.

Die vorliegende Planfortschreibung mündet in Maßnahmevorschlägen. Es zeigt sich schnell, dass die Kommunikation, die Vernetzung der Hilfsstrukturen und die bedarfsorientierte Weiterentwicklung bestehender Angebote im Blickpunkt stehen. Eine Vielzahl der Maßnahmevorschläge richten sich als Handlungsanweisung auch an Andere, Stichwort: barrierefreies Bauen. Wir begrüßen es deshalb, dass eine Kreisarbeitsgemeinschaft Behindertenhilfe gegründet wurde, um den Dialog zu fördern und konkrete Entscheidungen in Einzelfragen vorzubereiten. Denn die Erfahrung zeigt, dass allgemein formulierte politische Ziele und konkrete Sachentscheidungen zwei Paar Stiefel sind. Unser Wunsch, den Schwachen und Bedürftigen in unserer Gesellschaft die notwendige Hilfe angedeihen zu lassen, findet seine Grenzen in der Finanznot der öffentlichen Hand. Es stehen bei der Umsetzung dieses Planwerkes also auch Entscheidungen an, bei denen zwischen dem Wünschenswerten und dem Machbaren abgewogen werden muss. Deshalb darf auch bei einem sensiblen Thema wie der Umgang mit behinderten Menschen in der politischen Diskussion die Finanzierung nicht ausgeklammert werden.

Dabei muss zunächst festgehalten werden, dass ein erheblicher Anteil der Behinderten keine oder nur geringfügige Zuwendungen erhält, sondern ihr Leben und ihren Alltag genauso gut meistern wie ihre nichtbehinderten Nachbarn. Von 60.000 behinderten bzw. 40.000 schwerbehinderten Menschen in unserem Landkreis erhalten lediglich rund 1.800 Menschen Eingliederungshilfen gemäß SGB XII. Dies sind in hohem Maße Menschen mit einer schweren geistigen oder psychischen Behinderung. Hierfür sind allerdings im Kreishalt 2006 rund 51 Mio. € eingestellt, das sind knapp 14% des Ausgabevolumens im Verwaltungshaushalt. Das ist kein Pappenstiel! Ein Großteil dieser Mittel ist vom Kreistag auch nicht beeinflussbar, da gesetzliche Ansprüche bestehen. Sobald wir aber Einfluss nehmen können, müssen wir aus unserer Gesamtverantwortung heraus genau prüfen, was zu tun ist. Letztendlich haben wir gute Erfahrungen mit ambulanten Angeboten und Projekten gemacht und wissen, bessere Lösungen müssen nicht zwangsläufig die Teureren sein!

Wir FREIEN WÄHLER wollen auch künftig unserer Verantwortung für die behinderten Menschen in unserem Landkreis gerecht werden und stimmen deshalb der vorliegenden Fortschreibung des Kreisbehindertenplans zu. Wir sehen aber auch die Grenzen unserer Möglichkeiten. Gerade weil wir beiden Gesichtspunkten bestmöglich gerecht werden wollen, werden wir uns mit manchen Beschlüssen, deren Auswirkungen zu unklar sind, sicherlich schwer. Wer investiert braucht zumindest die Hoffnung, dass am Ende ein Vorteil entsteht. Deshalb lassen Sie mich abschließend unsere Position – gerade in dieser Vorweihnachtszeit – mit einigen Versen aus dem Psalm 126 zusammenfassen:

„Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten,
Sie gehen hin und weinen und streuen ihren Samen
Und kommen mit Freude und bringen ihre Garben.“

Wenn diese Ernte das Resultat unserer Arbeit sein wird, haben wir für behinderte Menschen weitere Fortschritte erzielt. Das müssen wir gemeinsam anstreben.
Ansprechpartner:
Frank Buß, Bürgermeister, Kohlberg
Tel. 07025 9101820
Fax 070259101850
E-mail: Frank.Buss@web.de

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