Verabschiedung des Kreishaushalts 2009

Redebeitrag der Fraktion Freie Wähler
Fraktionsvorsitzender Alfred Bachofer

Verabschiedung des Kreishaushalts 2009

Wir beschließen heute einen Haushalt mit zwei Gesichtern. Noch vor wenigen Monaten war er auf der Basis eines kraftvollen Wirtschaftsgeschehens und erfreulich fließender Steuereinnahmen aufgebaut. Die weltweite Finanzkrise, im Wesentlichen verursacht durch tief greifende Fehleinschätzungen der Banken, zieht eine Gefährdung der Konjunktur, die noch vor kurzem so stabil erschien, nach sich. Man könnte also durchaus versucht sein, das heutige Gesicht dieses Haushalts pessimistisch einzufärben. Tatsächlich besteht – noch – kein Grund dafür.

Die Gemeinden und Landkreise haben die guten Jahre genutzt, um Investitionsrückstände abzubauen, Schulden zurückzuführen und wichtige gesellschaftliche Herausforderungen, wie den Ausbau der Kinderbetreuung, anzugehen. Unser Landkreis ist ein Beleg dafür. Sehen Sie sich unsere Städte und Gemeinden an – sie haben weit überwiegend eine hervorragend Infrastruktur und teilweise beachtliche finanzielle Reserven. Der Kreis selbst hat seine Finanzen in Ordnung gebracht, enorme Investitionen im Bereich der Schulen, Krankenhäuser und Kreisstraßen geschultert bzw. eingeleitet und seine Grundlinie einer präventiven Sozialpolitik verstärkt. Natürlich haben uns dabei die sinkenden Soziallasten unterstützt. Dies war hilfreich für uns, viel wichtiger aber ist die Tatsache, dass der Rückgang der Arbeitslosigkeit viele Familien aus finanzieller und seelischer Not befreit hat.

Wir werden noch zwei, wenn wir Glück haben, vielleicht auch drei Jahre mit ordentlichen Haushalten vor uns haben. Dies aber nur dann, wenn wir jetzt nicht in die Versuchung verfallen, die gegenwärtig gute Finanzlage mit Geschenken zu gefährden. Wir werden die fraglos vorhandenen Reserven in den kommenden Jahren brauchen, wenn es den Gemeinden wieder schlechter gehen sollte. Diese trifft es früher als uns. Schon deshalb verbietet es sich, den rein auf Öffentlichkeitswirkung ausgerichteten Vorschlag der SPD aufzugreifen, den Gemeinden das Geld, das wir aus der linken Tasche geholt haben, mit der Auflage „Kinderbetreuung“ wieder in die rechte Tasche zurück zu stecken. Eine solche Zweckbindung ist nicht zulässig, sie wäre im Übrigen auch gar nicht zu kontrollieren. Unsere Kommunen brauchen keine Bevormundung, wie sie mit dieser wichtigen Aufgabe umzugehen haben.

Der Landkreis und seine Gemeinden sitzen nicht nur in dem berühmten gemeinsamen Boot, nämlich Daseinsvorsorge für ihre Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, sie sind auch finanziell untrennbar verbunden. Es wäre also Augenwischerei, wenn wir jetzt Geld zurückzahlen würden. Wir werden es gerade dann wieder holen müssen, wenn die Finanzen der Gemeinden es nicht erlauben. Die vergangenen Haushaltsjahre waren Beweis genug dafür. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, es ist schlicht und einfach falsch, wenn Sie behaupten, der Kreis halte Geld zurück, das er von Bund oder Land zweckgebunden erhalten habe. Jeder Euro, den der Kreis mehr einnimmt oder weniger ausgibt, senkt über einen längeren Zeitraum betrachtet, die Kreisumlage. Die Botschaft, die Sie den Gemeinden und vor allem der Wählerschaft überbringen wollen, ist vielleicht angenehm, aber unzutreffend. Wir Freien Wähler halten unangenehme Nachrichten, die stimmen, mit Blick auf die Zukunft für angebrachter. Ihre Politik der leichten Hand bei den Schulden belastet genau die kommenden Generationen, denen sie jetzt bessere Betreuung versprechen.

Natürlich hat der Kreis keinen Anspruch darauf, mehr Kreisumlage zu kassieren, als er braucht – das tun wir auch nicht. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass den Gemeinden der volle Steuerkraftzuwachs der letzten Jahre verblieben ist. Mit Ausnahme des Zuschlags für Schuldenreduzierung ist das absolute Kreisumlageaufkommen in etwa konstant geblieben.

Wir Freien Wähler sagen allgemein – nicht nur für diesen Kreistag: Man darf nicht im Blick auf Wahltermine nach der Devise handeln „Warum soll ich mir heute Ärger einhandeln, wenn für den Kummer in der Zukunft andere verantwortlich sind?“

Zur Diskussion um die umstrittenen Konjunkturpakete an die Adresse von Bund und Land nur so viel. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich bestätigt, dass die Haushalte der Gemeinden, Städte und Landkreise, die den Löwenanteil öffentlicher Investitionen und Konsumausgaben erbringen, die schnellsten und wirkungsvollsten Konjunkturmotoren sind.

 

Schwerpunkte des Haushalts 2009

Von den Schwerpunkten dieses – und auch vergangener – Haushalte möchte ich nur drei noch ein Mal ansprechen:

Krankenhäuser
Unsere größten Kraftanstrengungen gehören diesem Feld. Weil wir als Krankenhausträger finanziell ausgehungert werden, stehen wir vor den Alternativen Leistungsreduzierung
oder Subventionierung. Da wir uns zur Flächenversorgung und gleichzeitig zu einer hochwertigen Medizin bekennen, wird es wahrscheinlich ohne Unterstützung aus dem allgemeinen Haushalt nicht mehr gehen. Unter dem TOP „Zukunft der Kreiskliniken“ wird dazu noch etwas zu sagen sein.

Schulen
Unser Kreis muss nicht durch PISA-Studien getrieben werden. Gute Berufs- und Sonderschulen sind unser Markenzeichen. Nach den Berufsschulneubauten steht als gewaltiger Brocken, wie wir nachher noch hören werden, die Sanierung des Sonderschulzentrums “Rohräckerschule“ an. Weitere Stichworte sind Medienertüchtigung, Ausbau von Fachräumen und energetische Verbesserung der Schulgebäude.

Öffentlicher Personennahverkehr
Unser Landkreis im Ballungsraum Stuttgart braucht einen leistungsfähigen ÖPNV, dafür nehmen wir viel Geld, etwa
5 – 6 Punkte Kreisumlage, in die Hand. Nicht das stört uns, sondern die unbestreitbare Tatsache, dass die Verteilung der Finanzlasten ungerecht ist. Mit dem Nahverkehrsplan haben wir die Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen und nutzerfreundlichen Busverkehr geschaffen. Hierbei wollen wir unsere mittelständischen Busunternehmen gezielt einbinden und nicht etwa ausschalten.

Die Anbindung des Wirtschaftsraumes Kirchheim an die S-Bahn wird nun Wirklichkeit. Damit wird auch die Ungerechtigkeit beseitigt, dass der Landkreis Esslingen im S-Bahn-Verbund bisher erheblich mehr bezahlt als erhalten hat.

Freilichtmuseum und Naturschutzzentrum
stehen auch auf der Wunschliste unserer Fraktion. Die Realisierung der veranschlagten Projekte setzt aber die angekündigten Fördermittel aus dem Landeshaushalt bzw. dem Biosphärengebiets-Topf voraus.

Haushaltsanträge
Die Ausschüsse sind mit den Haushaltsanträgen eher zurückhaltend umgegangen. Unsere ausdrückliche Unterstützung haben die verbesserte Finanzierung der Familienpflege und die Bezuschussung jugendhausähnlicher Einrichtungen gefunden. Der uns wichtige Antrag „Jugendrechtshaus für auffällig gewordene Jugendliche“ wird im ersten Halbjahr 2009 mit einer Fachtagung aufgegriffen.

Seit Jahren fordern wir Freie Wähler eine verbesserte Steuerung der umfangreichen Bauaufgaben des Landkreises. Darauf werden wir bei der bevorstehenden Neuordnung der Dezernate und Ämter bestehen.

 

Schlussbetrachtung
Jedem von uns passieren tagtäglich Fehler, am Steuer oder wo auch immer. Wenn wir vom Glück begünstigt sind, hat dieses menschliche Versagen keine schwerwiegenden Folgen. Die bitteren Finanzpannen sind anders verlaufen und belasten den Kreis durch den finanziellen Verlust. Die betroffenen Mitarbeiter und die Führungskräfte persönlich noch viel stärker.

Jawohl, es sind Fehler gemacht worden und auch Landrat Eininger wird sich fragen, ob er nicht zu sehr auf eine langjährige und tadellose Arbeit vertraut hat. Ein noch größerer Fehler aber wäre es gewesen, wenn unter seiner Leitung ein Verwaltungsmanagement der überpeniblen Kontrolle und des Misstrauens entstanden wäre. Auch so etwas vermeidet Pannen nicht, lähmt eine Verwaltung und produziert ein hohes Maß an Bürokratie und Unwirtschaftlichkeit.

Der heutige Bericht unseres Landrats hat deutlich gemacht, dass er unverzüglich alle notwendigen Schritte eingeleitet, Transparenz hergestellt und vor allem erfolgreich Schadensminderung erreicht hat. Es wurde nichts beschönigt oder gar verharmlost und mit der Einschaltung des Regierungspräsidiums auch Objektivität gewährleistet. Dies hilft allerdings nicht darüber hinweg, dass nach wie vor ein erheblicher finanzieller Verlust zu bewältigen ist. Man sollte sich aber hüten, aus der Rückschau und ohne Einblick in die inneren Abläufe pauschal Vorwürfe zu erheben oder kluge Ratschläge zu erteilen.

Was ich aber nicht unkommentiert lassen möchte, ist die Art und Weise, wie z.B. die Stuttgarter Zeitung mit diesem bedauerlichen Vorfall umgegangen ist. Der Landrat hatte der Presse für heute einen umfassenden Bericht im Kreistag angekündigt. Was bezweckt also der Informant mit dem heutigen Artikel, der die Dinge teilweise unzutreffend wiedergibt? Hat er sich überlegt, welch seelischer Druck auf den betroffenen Mitarbeitern und ihren Vorgesetzten lastet? Oder soll dieser noch verstärkt werden, ohne Rücksicht auf mögliche Folgen. Ich würde ihn deshalb als Maulwurf bezeichnen. Ich respektiere das Recht und sehe Pflicht der Presse zu einer sachlich-kritischen, aber objektiven Berichterstattung. Fairness und Menschlichkeit sind Werte, die man auch hier nicht außer Acht lassen sollte.

Unsere Fraktion trägt den Haushalt mit, notgedrungen mit dieser Hypothek, die wir zusammen mit dem Klinikbetrieb und den Gemeinden in den nächsten Jahren werden abtragen müssen. Auch da sitzen wir im gemeinsamen Boot und müssen in die gleiche Richtung rudern.

Ich wünsche uns allen für die bevorstehende Weihnachtszeit und das Neue Jahr- jedem von Ihnen persönlich -, dass uns solche Ereignisse erspart bleiben und wir viele Momente der Zuversicht, der Harmonie und der Freude erleben können.

 

Ansprechpartner

Alfred Bachofer
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