Haushaltsrede 2011 Landkreis Esslingen

„Der Kreis ist eine Figur, bei der an allen Ecken und Kanten gespart wird“.

Auch wenn dies eher eine geometrische Betrachtungsweise ist, charakterisiert dieser Satz doch treffend die Situation in der sich unser Landkreis befindet.

Der Ihnen vorliegende Haushaltsentwurf ist nicht nur ein umfassendes Zahlenwerk – er ist Ausdruck von Leistungen und von Zielen, die unser Landkreis auch in schwieriger Lage im kommenden Jahr erbringen und erreichen möchte. Zukunftsorientierte Entscheidungen bilden die Basis in unserem kommunalpolitischen Denken und Handeln. Und das nicht nur für unsere eigene Zukunft, sondern vor allem für die Zukunft der nachfolgenden Generationen.

Die Generationengerechtigkeit ist uns Freien Wählern dabei ein wichtiges Anliegen. Wie wir alle wissen, stehen wir vor enormen sozialen, ökologischen, demografischen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Nur wenn wir die vor uns liegenden Herausforderungen gemeinsam, zügig und entschlossen angehen und eben nicht die Augen vor den heutigen und künftigen Notwendigkeiten verschließen, sichern wir unsere Zukunft. Und genau dazu möchte unsere Fraktion im Landkreis Esslingen auch für das Jahr 2011 einen aktiven Beitrag leisten.

Unser gemeinsames Wirken vollzieht sich vor dem Hintergrund eines nie da gewesenen Umbruchs. Die Alterspyramide dreht sich um, die Hälfte der Erdölvorräte ist bald aufgebraucht, die ökologischen Grenzen werden immer sichtbarer und trotz aller Bemühungen öffnet sich die Schere zwischen arm und reich international und bei uns immer weiter.

Unsere Nachkommen stehen vor einer Situation, die sie nur schwer beherrschen können. Auf 100 Erwerbstätige kommen in wenigen Jahren fast 70 Rentner und finanziell Abhängige. Von der Schuldenlast die wir ihnen hinterlassen, wenn wir nicht radikal das Ruder herumreißen, ganz zu schweigen.

Sie werden mit Recht sagen, dass ist doch Aufgabe der großen Politik. Wenn wir uns aber auf der kommunalen Ebene nicht zu Wort melden, wenn die Menschen nicht die Stimme erheben, ist zu befürchten, dass der Politik im Spannungsfeld der Macht der Mut fehlt, von der Erkenntnis zur Tat zu schreiten. Ich will dem anschließenden Thema nicht vorgreifen – aber die immer lauter werdenden Proteste gegen Großprojekte sind zu einem nicht geringen Teil Ausdruck wachsenden Unbehagens. Viele Menschen spüren, dass sich die politisch und wirtschaftlich Verantwortlichen zu wenig der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe stellen, Vorsorge für die Zukunft zu treffen.

Auch wenn wir im Landkreis mit unserer Städten und Gemeinden nur einen kleinen Stein in diesem Mosaik darstellen, dürfen wir uns nicht mit dem Vorwand herausreden, dass wir doch nicht viel bewegen. Eine Lebensweisheit sagt: Viele kleine Schritte verändern die Welt.

Die Städte und Gemeinden leiden noch an den Auswirkungen des Gewerbesteuereinbruchs im Jahr 2009, den verminderten Gewerbesteuervorauszahlungen im Jahr 2010, den rückläufigen Einkommenssteueranteilen und den gesunkenen Finanzzuweisungen. Über dem Berg sind unsere Städte und Gemeinden zwar noch lange nicht, aber die neuesten Konjunkturdaten lassen erwarten, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die Situation am Arbeitsmarkt deutlich besser entwickeln als bisher erwartet. Dies wird auch positive Auswirkungen auf die mittelfristige Finanzplanung des Landkreises haben.

Die Finanzierungsdefizite der Kommunen beruhen nicht alleine auf der schlechten Konjunktur; zu mehr als 50% sind sie bedingt durch gesetzliche Änderungen wie das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, die Unternehmenssteuerreform oder auch das Bürgerentlastungsgesetz. Angesichts dieser prekären Entwicklung hilft es den baden-württembergischen
Kommunen wenig, wenn sie mit 12,8 Mrd. Euro die im bundesweiten Ländervergleich wenigsten Schulden haben. Aus der Tatsache, dass alle Kommunen in Deutschland nicht nur ein Rekorddefizit, sondern auch noch einen Investitionsstau in Höhe von 84 Mrd. Euro aufweisen, folgt, dass in Sachen Gemeindefinanzierung dringender Handlungsbedarf besteht.

Mehr als ärgerlich ist, dass die deutschen Kommunen gerade in der schärfsten Finanzkrise erneut mit einer Debatte über die Abschaffung der Gewerbesteuer konfrontiert werden. Geradezu makaber ist es, wenn diejenigen, die in den vergangenen Jahrzehnten systematisch aus der Gewerbesteuer stabilisierende Elemente heraus reformiert haben, jetzt die hohe Schwankungsbreite der Gewerbesteuer beklagen und dann als Ersatz einen Zuschlag zu einer genau so konjunkturabhängigen Steuer anbieten. Alle denkbaren Modelle wurden bereits in der letzten Legislaturperiode intensiv geprüft und als ungeeignet verworfen. Es gibt für die Gewerbesteuer als unverzichtbare Finanzquelle aller deutschen Kommunen keinen einzigen Ersatzvorschlag, der verfassungsrechtlich zulässig wäre und wenigstens annähernd vergleichbare Einnahmen brächte. Selbst wenn das gesamte Steueraufkommen nicht geschmälert werden sollte, gäbe es erhebliche Verwerfungen. Wer so das Band zwischen den Städten und der Wirtschaft zerschneidet, gefährdet die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kommunen.

Die aktuellen Signale des Bundesfinanzministers gehen allerdings wieder in Richtung Erhalt der Gewerbesteuer. Der weitere Gedanke, ergänzend eine örtliche Einkommensteuer mit lokalem Hebesatzrecht einzuführen, wird wohl schnell wieder in der Versenkung verschwinden, denn dies würde erhebliche Verwerfungen im Stadt/Umland-Verhältnis auslösen.

Es ist auf Dauer keine Lösung, dass das Wohl und Wehe der Landkreise als Umlagefinanzierer letztlich von der Steuerkraft der Gemeinden abhängt. Deshalb wäre zu wünschen, dass die Kommission zur Gemeindefinanzreform nicht nur die Symptome behandelt, sondern das Übel an der Wurzel beseitigt und die Landkreise an einer Wachstumssteuer beteiligt. Nur eine strukturelle Neuausrichtung der Kreisfinanzen würde Kontinuität und Planungssicherheit gewährleisten. Viel Hoffnung habe angesichts der Defizite in den Haushalten des Bundes und der Länder allerdings nicht.

Wir können heute froh sein, dass wir in den guten Jahren rd. 40 Mio. € an Schulden abgebaut und für den Haushalt 2010 der Versuchung widerstanden haben, den Hebesatz der Kreisumlage noch weiter abzusenken. Dadurch konnten wir eine bescheidene Rücklage ansammeln, die wir jetzt einsetzen können. Es schmerzt, wenn man ans Vermögen gehen muss, noch viel schmerzhafter sind jedoch die einschneidenden Sparmaßnahmen, die wir in diesem Haushalt ergreifen müssen.
Es widerspricht den hehren Zielen, die ich eingangs formuliert habe, wenn wir neue Schulden machen, bei den Schulen kürzen, Maßnahmen zur Energieeinsparung verschieben und notwendige Unterhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen zurückstellen.

Sozial- und Jugendhilfe
Der Sozialhaushalt bleibt der größte Ausgabenblock im Kreishaushalt. Der Nettoaufwand steigt weiter auf mittlerweile knapp 154 Mio. €. Trotz der spürbar besseren Lage auf dem Arbeitsmarkt sind im kommenden Jahr 4,4 Mio. € mehr aufzubringen als 2010. Über 4 Mio. € fehlen, weil das Land die Wohngeldersparnisse nicht in der erwarteten Höhe weiterleitet und die Aufwendungen für die Hilfe zur Pflege, die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen sowie die Jugendhilfe erneut steigen

Der Aufwand für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, für die Hilfe zur Pflege und bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung summiert sich auf fast 78 Mio. €. Diese Zahlen beweisen eindeutig, dass die Kommunen und Landkreise in erster Linie ein Ausgabenproblem haben. In Berlin werden die Sozialgesetze und Segnungen beschlossen, die auf kommunaler Ebene finanziert werden müssen.

Die weitere Finanzierung dieser Leistungen ist die große Herausforderung für künftige Kreishaushalte. Wir Freien Wähler unterstützen deshalb die Forderung der kommunalen Spitzenverbände nach einer besseren Beteiligung an der Kostenfolge-Abschätzung von Bundesgesetzen und verlangen eine spürbare finanzielle Beteiligung des Bundes an der sozialen Sicherung.
Das wieder gestiegene Wirtschaftswachstum zeigt Gott sei Dank Wirkung auf dem Arbeitsmarkt. Trotzdem ist die Langzeitarbeitslosigkeit nach wie vor zu hoch. Die Zahlen der Bundesagentur täuschen, auch wenn sie von Frau von der Leyen mit einem strahlenden Lächeln verkündet werden, über die Realität hinweg. Auch darin ist ein Sprengsatz für die öffentlichen Haushalte enthalten, nicht nur finanziell, sondern auch mit Auswirkungen auf das soziale Gefüge und die Familien der betroffenen Menschen.

Bei der Jugendhilfe sind viele Leistungen gesetzlich normiert und nur in Teilbereichen beeinflussbar. Einen Schwerpunkt legen wir seit Jahren auf den Ausbau der ambulanten Angebote, um frühzeitig einzugreifen statt hinterher zu reparieren. Dieser Ansatz ist erfolgreich– sofern eine unterdurchschnittliche Zunahme der Erziehungsmaßnahmen schon als Erfolg gewertet werden kann. Die finanzielle Lage des Landkreises zieht uns allerdings immer engere Grenzen. Wir sind nicht mehr in der Lage, Sinnvolles und Wünschenswertes so zu fördern wie wir das wollen. Deshalb sehen wir auch keinen Spielraum für die Ausweitung von Freiwilligkeitsleistungen, auch wenn das an einigen Stellen weh tut.

Dazu ein Zitat von Johann Gottfried von Herder: ‚Wer der Vernunft dient, kommt der Notwendigkeit zuvor.'“

Immer wichtiger wird die Rolle des Landkreises bei der Förderung von Kindern in der Tagespflege und in Tageseinrichtungen. Mit der Neustrukturierung der Tagespflege im Landkreis Esslingen und der Schaffung einer gemeinsamen Geschäftsstelle sind wir hervorragend aufgestellt. Dies dokumentiert insbesondere die Zunahme der Zahlen bei der Tagesbetreuung. Der Aufwand von fast 500 000 € belastet zwar den Haushalt erheblich, doch war dies eine richtige Entscheidung. Der Landkreis hat damit ein positives Signal pro Tagespflege gegeben, das weitere Städte und Gemeinden zur Übernahme des Modells Leinfelden-Echterdingen bewegt hat.

Der Ausbau der Kinderbetreuung kommt gut voran und die Kommunen engagieren sich bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. In dieser Situation müssen Bund und Länder den Kommunen helfen, statt wie so häufig den Applaus für forsche Zielvorgaben einzuheimsen und die Rechnung dann an die Rathäuser zu senden.

Die lauter werdende Diskussion über die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund rückt ein wichtiges gesellschaftspolitisches Themenfeld in den Mittelpunkt. Trotz zahlreicher guter örtlicher Initiativen zur besseren Integration müssen weitere Anstrengungen unternommen werden. Hier ist auch der Landkreis als Träger der Jugendhilfe als Initiator und Koordinator gefordert. Allerdings ist Integration keine Einbahnstraße, sondern bedarf der aktiven Mitwirkung der Betroffenen – und daran hakt es oft erheblich.

Antrag 1
Die Verwaltung erstattet in einer gemeinsamen Sitzung von Sozial- und Jugendhilfeausschuss einen Bericht über den aktuellen Stand der Integration im Landkreis Esslingen. Damit soll eine Grundlage für eine Diskussion über weitere Handlungsstrategien geschaffen werden.

Im Landkreis sind viele Hausärzte und Fachärzte über 60 Jahre, teilweise sogar über 64 Jahre alt. Hierauf müssen wir uns vorbereiten. Herr Landrat, Sie haben auf Grund unseres Antrags ein Strategiepapier für die kommende Sozialausschuss-Sitzung angekündigt. Wir werden dieses wichtige Thema intensiv begleiten, um auf diesem Feld den Landkreis für die Zukunft gut aufzustellen.

Ein wichtiger Indikator für eine Gesellschaft ist der Umgang mit behinderten Menschen. Im Landkreis Esslingen können wir selbstbewusst auf die zahlreichen Angebote von der frühkindlichen Förderung bis zur Versorgung im Alter blicken, die von staatlichen, kirchlichen und freien Trägern gemacht werden.

Die Schulsozialarbeit wird in unseren Schulen trotz zurückgehender Schülerzahlen immer noch an Bedeutung zunehmen. Kein Schüler sollte ohne Abschluss dastehen, damit er die Chance auf ein Ausbildungsverhältnis hat. Auch dies ist Teil unserer Integrationsbemühungen. Die wichtige Aufgabe der Schulsozialarbeit, mit entsprechend qualifizierten Kräften für sozial benachteiligte oder eher praktisch begabte Jugendliche zu sorgen, ist eigentlich eine Aufgabe des Landes. Tatsächlich wird sie immer stärker auf den Landkreis verlagert.

Mehr Hilfe oder mehr Selbsthilfe?
Ich bin mir im Klaren darüber, dass die folgenden Gedanken auch Widerspruch auslösen werden. Dennoch gehören sie für mich zu einer realistischen Zukunftsbetrachtung.

Die gesellschaftliche Entwicklung lässt mit unterschiedlichen Ursachen die Aufwendungen für die Jugendhilfe und andere Sozialleistungen unaufhörlich steigen. Darüber hinaus hat sich aufgrund eines dichter werdenden Netzes von Beratungsstellen aller Art der Zug in die sozialen Systeme immer mehr verstärkt. Unsere Sozialausgaben haben sich bundesweit in den vergangenen beiden Jahrzehnten mehr als verdreifacht. Sie erreichten 2009 die Rekordsumme von 754 Milliarden Euro.

Manchmal kommen mir Zweifel, ob wir mit immer höherem Aufwand, immer intensiverer Unterstützung, die sozialen Probleme in unserer Gesellschaft tatsächlich lösen werden. Noch nie wurde in Deutschland so viel Geld für Kinder, Kinderbetreuung, Schule, Bildung und Familienförderung ausgegeben wie heute. Dennoch entsteht der Eindruck, dass die Probleme noch nie so groß waren wie heute. Ob wir diesen Trend durch noch mehr Geld tatsächlich umdrehen können, darf zumindest hinterfragt werden. Vielleicht müssen wir bei der Familienförderung und der Betreuung junger Menschen wieder stärker über Werte und Wertevermittlung, über die Verantwortung und die Verpflichtungen von Eltern und Familie sprechen.

Die Betreuung tagsüber in Kindergärten, Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen kann die Zuwendung abends und am Wochenende nicht ersetzen. Hier sind die Familien selbst in der Pflicht und dürfen Versäumnisse nicht nur auf die öffentliche Hand abwälzen.
Schulen und Kultur

Kreismedienzentrum
Die dezentrale Struktur der kreiseigenen Einrichtungen ist für uns nicht nur im Krankenhausbereich sondern in vielfältiger Weise auch für andere Bereiche wichtig. Wir wissen aber, dass die derzeitige finanzielle Situation sicher auch zu Einschnitten führen wird. Trotzdem sehen wir die beiden Standorte der Kreismedienzentren als wichtig und bis auf weiteres auch als gerechtfertigt an. Trotzdem müssen unter dem gegebenen Kostendruck im Zeitalter neuer Medien die Öffnungszeiten und die Personalausstattung den Bedürfnissen angepasst werden. Allerdings darf der Kernauftrag nicht in Frage gestellt werden.

Schulentwicklungsplanung
Die rückläufigen Schülerzahlen an unseren Berufsschulen und ein Sanierungsstau in einer Größenordnung von nahezu
80 Mio. € zwingen zu einer sorgfältigen Bestandsaufnahme und Zukunftsplanung. Nur so können das Bildungsangebot bedarfsgerecht ausgebaut und die notwendigen Investitionen präzise eingesetzt werden. Wir wollen nicht unendlich über das Anwerben ausländischer Fachkräfte diskutieren, sondern handeln und zusammen mit der Wirtschaft einen entscheidenden Beitrag zur Qualifizierung hier lebender junger Menschen leisten.

Gelingende Bildungsbiographien sind die beste Grundlage für gute Perspektiven junger Menschen und zwar unabhängig von ihrer Herkunft. Sie verbessern die Chance auf Arbeit und tragen zu einer erfolgreichen Integration in die Gesellschaft bei. Gerade unsere Schulen erbringen eine großartige Integrationsleistung. Bildungsangebote sind auch ein maßgeblicher Standortfaktor für das Land und die Städte, sie entscheiden den demografischen Wettbewerb um den Zuzug von Menschen.

Freilichtmuseum
Der Bedarf für ein neues Eingangsgebäude wird von uns mittelfristig gesehen. Solange wie wir aber nicht genügend Geld für unsere Schulen haben, muss dieser Wunsch noch zurückstehen. Der Weg über ein von der EU gefördertes Besucherinformations- und Transferzentrum für regionaltypisches Bauen wird von uns sehr zurückhaltend bewertet und muss mit Blick auf die ungeklärten Folgekosten genau untersucht werden. Kostenneutralität muss nachhaltig garantiert sein. Bis zum Vorliegen belastbarer Konzepte und Zahlen wollen wir, dass die bereit gestellten Haushaltsmittel nicht frei gegeben werden.

Antrag 2
Die Haushaltsmittel für das Eingangsgebäude/Besucher- und Transferzentrum beim Freilichtmuseum werden mit einem Sperrvermerk versehen. Die Freigabe kann nur im Rahmen der Grundsatzentscheidung durch einen Kreistagsbeschluss erfolgen.

Antrag 3
Die Verwaltung wird beauftragt, über die Weiterentwicklung der Aus- und Fortbildungsstruktur in bautypischen Berufen zu berichten. Der Antrag bezieht sich auf die Aufgabenträgerschaft des Landkreises und weiterer Träger bei der beruflichen Aus- und Weiterbildung im Baubereich.

Rohräckerschule
Die Mittel sind in der Finanzplanung des Landkreises vorgesehen weil erkennbar ist, dass dieses Projekt trotz zurückgehender Schülerzahlen und der gewünschten Inklusion der Schülerinnen und Schüler unumgänglich ist. Die meisten der dort eingeschulten Kinder werden, auch nach Aussagen des Ministeriums, weiterhin auf eine spezielle Schulraumsituation und die damit verbundene pädagogische Förderung angewiesen sein. Sollte, was nicht nur der Rechtslage, sondern vor allem dem Wohl der Kinder geschuldet ist, die gemeinsame Unterrichtung behinderter und nicht behinderter Kinder zügig vorankommen, wäre die Rohräckerschule ein optimaler Standort für eine Inkusions-Schwerpunktschule. Die Umsetzung in Bauabschnitten eröffnet die Chance, im weiteren Bauablauf auf Veränderungen im Bildungssystem zu reagieren. Wir hoffen, dass die Stadt Esslingen zu ihrer menschlichen und finanziellen Mitverantwortung steht und die Gespräche nun zu einem raschen Abschluss kommen.

Kreisbildungsplan
Das Thema Bildung ist uns „Freien Wählern“ besonders wichtig. Deshalb haben wir bereits im Jahr 2009 den Antrag gestellt, einen Kreisbildungsplan aufzustellen. Wir haben uns zunächst einverstanden erklärt, dass abgewartet wird, ob die „Bildungsregion“ umgesetzt wird. Nachdem dies nicht der Fall ist, wollen wir unseren Antrag wieder aufgreifen. Andere Landkreise sind hier erheblich weiter.

Besonderes Augenmerk muss auch hier auf das Thema Inklusion gerichtet werden. Der Landesgesetzgeber ist gefordert, in Umsetzung der UN-Konvention für die Rechte behinderter Menschen, die Weichenstellung für eine pädagogische Versorgung behinderter Kinder in allgemeinbildenden Schulen vorzunehmen. Gleichzeitig gilt es gemeinsam mit den Kommunen und der Staatlichen Schulverwaltung die Rahmenbedingungen für eine wohnortnahe Unterrichtung behinderter Kinder zu schaffen. Herr Landrat, Sie haben uns zugesagt, dass dieses Thema auf die Tagesordnung des KSA kommen wird. Wir bitten schon jetzt die anderen Fraktionen um die Unterstützung bei diesem wichtigen Thema

Technik und Umwelt
Für die 200 Straßen und 51 Brücken des Landkreises stehen lediglich 2,6 Mio. € Investitionsmittel zur Verfügung. Wir bedauern, dass weiterer Substanzverlust droht. Die Rahmenbedingungen des Haushalts lassen jedoch keine Gegensteuerung zu.

Der Bund zieht sich nach den Vereinbarungen der Föderalismusreform bis zum Jahr 2019 aus der Straßenfinanzierung zurück. Das Land hat deshalb den Entwurf eines Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes vorgelegt. Darin sollen neue Fördertatbestände, zum Beispiel der Bau verkehrswichtiger Radwege, aufgenommen werden. Hoffen wir auf bessere Zeiten.

Abfallwirtschaft
Für das Politikfeld der Abfallwirtschaft können wir auch in diesem Jahr unsere Zufriedenheit zum Ausdruck bringen. Der Abfallwirtschaftsbetrieb erledigt zuverlässig seine Aufgaben und leistet organisatorisch und wirtschaftlich – durchaus auch im Landesmaßstab – sehr gute Arbeit.
Gut bewährt hat sich die Saison-Biotonne. Und wir erwarten, dass sich in der Frage der Annahme von Grünabfällen an den Annahmestellen noch etwas mehr Praxisnähe und weniger Irritationen über das erreichen lässt, was der Bürger genau wo abgeben darf.

 

Feuerwehr

Weiterentwicklung der bestehenden Feuerwehrleitstelle zu einer integrierten Leitstelle

Die EU treibt die Vereinheitlichung des europäischen Notrufs 112 für Feuerwehr, Notarzt und Rettungsdienst voran. Alle Leitstellenträger wurden gesetzlich verpflichtet innerhalb von 2 Jahren „Integrierte Leitstellen“ zu schaffen. Die Verhandlungen dazu sind auf dem richtigen Weg und es besteht die Hoffnung, dass im Jahr 2011 im Landkreis ES eineintegrierte Leitstelle entsteht und somit der Notruf 112 für alle Notfälle greift.

Wirtschaftsförderung/Tourismus

Der Landkreis Esslingen ist geprägt von einer großen Wirtschaftskraft durch leistungsstarke Firmen und innovative Unternehmen, vom Existenzgründer bis zum Konzern. Gleichzeitig hat unser Landkreis touristische Anziehungspunkte und landschaftliche Reize in ganz besonderer Breite, Vielfalt und Qualität. Ich denke dabei beispielsweise an das neue Biosphärengebiet Schwäbische Alb, in dem 10 unserer Kreisgemeinden liegen oder auch an die Verhandlungen zur Bildung eines Gesundheitsparks am Albtrauf zusammen mit dem Landkreis Göppingen.
Der Ansatz der Verwaltung, die beiden Handlungsfelder, „Wirtschaftsförderung und Tourismus“, an einer Stelle anzusiedeln, ist richtig. Diese Bündelung bietet die Gewähr dafür, dass der Kreis in den entsprechenden Gremien gut vertreten und in neue Projekte frühzeitig eingebunden ist. Den Freien Wählern ist allerdings wichtig, dass die Kosten für den Landkreis in angemessenem Verhältnis zu seiner Zuständigkeit und den Möglichkeiten für Wirkungserzielung bleiben.

Neben dem Gesundheitspark ist die „Obststraße“ ein neues Projekt, das im Prinzip positiv zu sehen ist. Bei all den Entwicklungen, die nun vor allem in den letzten Jahren
verstärkt in Gang gekommen sind, kommt es jedoch darauf an, die personellen und finanziellen Ressourcen zu bündeln, sich konkrete, nachhaltige Ziele und auch Prioritäten zu setzen.

Wir wollen die bisher befristete Stelle für Tourismusförderung mit 50 % unbefristet einrichten. Eine aufwendige finanzielle Beteiligung des Landkreises an einer „Geschäftsstelle Obststraße“ scheidet für uns aus. Diese Aufgaben müssen von bestehenden Wirtschaftsförderungs- und Tourismusorganisationen geleistet werden. Die Finanzierung muss überwiegend durch die Firmen und Betriebe erfolgen, die im Erfolgsfall auch davon profitieren.

Antrag 4
Die bisher nur vorläufig eingerichtete Stelle für Tourismusförderung wird unbefristet in eine 50%-Stelle umgewandelt.

Kreiskliniken
Wir haben uns ganz bewusst und mit Rücksicht auf die Patienten für eine dezentrale und wohnortnahe Krankenhausversorgung entschieden. Aus Gründen der medizinischen Qualität und der Wirtschaftlichkeit ging damit – ohne die Grundversorgung außer Acht zu lassen – eine gewisse Spezialisierung einher. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen wird es immer schwieriger, ein ausgeglichenes Ergebnis zu erwirtschaften. Wir verfügen über eine weithin anerkannte Ärzteschaft, gutes und engagiertes Pflegepersonal und eine leistungsfähige Klinikverwaltung. Trotzdem kommt man sich – wie übrigens fast alle öffentlichen Krankenhausträger – vor wie der Hamster im Rad. Die Budgetvorgaben können angesichts steigender Personalkosten den Aufwand nicht annähernd decken. Die Investitionsaufwendungen bleiben – entgegen dem Krankenhausfinanzierungsgesetz – zu einem beachtlichen Teil an den Kliniken und dem Kreis hängen. Wie herausfordernd der Kampf um die Wirtschaftlichkeit unserer Kliniken ist und bleibt, zeigen auch die jüngsten Einsparpläne der Bundesregierung. Danach sollen die Krankenhäuser in den Jahren 2011 und 2012 jeweils 500 Mio. € einsparen. Wovon denn bitte?

Alle Anstrengungen – auch durch Klinikverbünde – reichen da einfach nicht aus. Uns drohen – wie auch den übrigen Landkreisen – steigende Defizite. Weitere Einsparungen sind kaum noch möglich, weil sonst die Spirale „weniger Qualität, weniger Patienten“ in Gang kommt. Würde nur ein kleiner Teil der Milliardengewinne der Arzneimittelkonzerne in die Krankenhausfinanzierung fließen, wäre viel erreicht. Fazit: Die Gesundheitsreform hat insoweit ihr Ziel nicht erreicht.

Schlussbetrachtungen

Dieser Haushalt ist ein Kraftakt – allerdings eher im unerwünschten Sinne. Wir müssen Notwendigkeiten, etwa im Bereich der Schulen, der Solidarität mit den Kommunen unterordnen. Eine Alternative dazu gibt es nicht, denn auch deren Haushalte sind bei weiter steigenden Aufwendungen für Bildung und Kinderbetreuung völlig ausgepresst. Die Verwaltung hat ihr Wort eingelöst und die magische Grenze von 40 Punkten unterschritten. Es ist hervorzuheben, dass erstmals die absolute Höhe der Umlage um rd. 10 Mio. € zurückgegangen ist. Das wird sich ohne schwerwiegende Substanzverluste nicht wiederholen können.

Diese Botschaft ist nun auch beim Verband Region Stuttgart angekommen. Die Fraktion Freie Wähler hat dort seit Jahren auf eine Entnahme aus den Rücklagen gedrängt und jetzt bei CDU und FDP Verbündete gefunden. Trotzdem ist die Entlastung mit etwa 0,3 Punkten Kreisumlage nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber es ist ein Signal der Partnerschaft.
Die Belastung der Landkreise in der Region ist dennoch unverantwortlich hoch. Höhere Sozialkosten und die Finanzierung des ÖPNV bedingen rd. 6 – 7 Punkte mehr Kreisumlage als im übrigen Land.

Das Signal des Verbands Region Stuttgart muss gegenüber unseren Kommunen umgesetzt werden. Deshalb beantragen wir, dass der Hebesatz der Kreisumlage entsprechend der Entlastung durch die Verbandsumlage reduziert wird.

Antrag 5
Der Hebesatz der Kreisumlage wird um das Maß reduziert, das sich aus der Verringerung der Verbandsumlagen ergibt (ca. 0,3 Punkte).

Eine Erkenntnis wird am Ende dieser Haushaltsberatungen bleiben. Das, was wir uns leisten, können wir uns nicht leisten. Der bundesdeutsche Staat einschließlich Länder und Kommunen lebt auf Pump und belastet zukünftige Generationen.
Und doch wird uns nur Zuversicht weiterbringen. Wahre Optimisten sind – gerade in Krisenzeiten – nicht davon überzeugt, dass alles gut gehen wird, aber sie sind davon überzeugt, dass nicht alles schief gehen kann.

Unser Dank gilt den Kreisgremien, Ihnen Herr Landrat Eininger mit Ihrem Führungsteam und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die unseren Landkreis mitverantworten und gestalten.

Ich wünsche Ihnen und uns

  • den Mut
  • die Kraft
  • und die Standhaftigkeit

den Sparhaushalt für das Jahr 2011 zu beschließen. Es wird vielerlei Bedenken gegen die Einschnitte geben. Trotzdem müssen wir so handeln. Denn: „Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut.” – wie es der chinesische Philosoph Laotse formuliert hat.
Seien Sie jedoch sicher: Die Kommunen und die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger werden uns dankbar sein, wenn wir mit diesen Maßnahmen unseren Landkreis für die Zukunft stark, erfolgreich und lebenswert erhalten!
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