Verabschiedung des Kreishaushalts 2012

Verabschiedung des Kreishaushalts 2012 am 15. Dezember 2011

Fraktionsvorsitzender Alfred Bachofer

Dem Landkreis geht es gut – gemessen an den Zahlen des Haushaltsentwurfs 2012. Deshalb habe ich durchaus Verständnis für die Kolleginnen und Kollegen, die sagen, der von der Verwaltung vorgeschlagene Kreisumlagehebesatz von 38,6 Punkten reicht aus.

Den meisten Städten und Gemeinden geht es gut, wenn auch recht unterschiedlich und allen noch nicht gut genug.

Viel Gemeinsamkeit also – noch verstärkt durch die jüngsten Steuerschätzungen, die doch recht erfreulich waren. Reicht es also, sich zufrieden mit dem Verwaltungsvorschlag anzufreunden und die Augen davor zu verschließen, dass es auf unserem Schuldenkonto miserabel aussieht? Wenn man ehrlich ist und die Kliniken mit einbezieht, lasten auf dem Kreis rd. 250 Mio. € Schulden – weit über dem was vergleichbare Landkreise schon für unverträglich halten. Selbst wenn die Kliniken wieder aus den roten Zahlen herauskommen sollten und ihre Darlehen selbst bedienen können – was eher ein Wunschtraum ist – sind es immer noch 200 Mio. €.

Wir stecken mitten in einer europa- ja weltweiten Finanz- und Schuldenkrise und selbst hartgesottenen Kassenwarten auf allen politischen Ebenen dämmert es langsam, dass nicht nur Griechenland oder Italien, sondern auch wir Deutschen weit über unsere Verhältnisse leben. Wenn wir jetzt nicht das Ruder herumreißen hinterlassen wir nachfolgenden Generationen einen Schuldenberg von rd. 1,9 Billionen € und eine Vielzahl anderer Belastungen. Dies alles verteilt sich künftig auf immer weniger Schultern. Mit Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit ist dies nicht vereinbar.

Diesen Schuldenberg – den unseren eingeschlossen – haben wir in überwiegend prosperierenden Zeiten aufgehäuft. Gegenwärtig sprudeln die Steuerquellen wie lange nicht. Wann also, wenn nicht jetzt, beginnen wir mit dem Abtragen dieser Altlast? Auch wenn es kleine Schritte sein sollten, das Signal muss jetzt kommen. Natürlich wissen wir Freien Wähler, dass es sich der Kreis als Umlagefinanzierer nicht zu einfach machen darf. Das berühmte „gemeinsame Boot“ lässt grüßen. Und ich höre im Geiste auch schon meinen Kollegen Bertram Schiebel, der eine geringfügig höhere Kreisumlage als kommunalunfreundlich einstuft. Das sehe ich anders, denn die Schulden des Kreises sind auch die der Kommunen. Wer sonst als diese kann sie denn abtragen? Die Gemeinden sparen also überhaupt nichts, wenn wir die Umlage niedriger festsetzen, als von unserer Fraktion beantragt. Und es gibt eine ganze Anzahl von Kommunen, die ihre Verschuldung weit abgesenkt haben und kein Interesse daran haben können, über die Kreisumlage die Zinsen des Landkreises zu bezahlen.

Auch der Aussage, man verlagere Schuldaufnahmen nach unten trete ich entgegen. Dies würde nur dann stimmen, wenn wir als Kreistag und die Verwaltung Mehreinnahmen dazu verwenden würden, unnötige neue Ausgabetöpfe aufzumachen. Haben wir so wenig Vertrauen in uns selbst?? Wir haben es in der Hand, mit konsequenter Haushaltsdisziplin eine solche Entwicklung schon im Keim zu ersticken. Da hoffen wir Freien Wähler, dass wir künftig auch die SPD dafür gewinnen können, die sich sonst bei Einsparmöglichkeiten bescheiden im Hintergrund hält.

Hebesatz und Aufkommen der Kreisumlage müssen nach meiner Überzeugung über einen längeren Zeitraum beurteilt werden. Sollten wir 2012 tatsächlich mehr einnehmen als absehbar, kommt dies doch kommenden Haushalten zugute. Der Kreis ist keine anonyme Finanzbehörde, in deren Kanälen unser Geld auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Er ist Partner der Kommunen und ihrer Bürgerinnen und Bürger – dorthin fließen seine Leistungen: In die Schulen, Krankenhäuser, Straßen, soziale Absicherung – auch und gerade in die Stadt, deren Häuptling am lautesten gegen den Kreis wettert.

Es hat in der Vergangenheit tatsächlich eine Verlagerung von Schulden gegeben, allerdings von unten nach oben. Wir haben häufig eine deutlich zu niedrige Kreisumlage erhoben und Tilgungen zur Schonung der Gemeindekassen ausgesetzt. Vor einigen Jahren haben wir den richtigen und weiterhin geltenden Grundsatzbeschluss gefasst, jeden freien Euro in Sondertilgungen zu stecken. Wir haben es dann auch geschafft von rd. 150 Mio. € Schulden im Kernhaushaushalt auf etwa 110 Mio. € herunterzukommen. Die Schulden der Kliniken sind damals unserer Aufmerksamkeit entgangen, weil sie noch in der Lage waren, sie selbst zu bedienen. Dies hat sich nach den Großinvestitionen der letzten Jahre als unmöglich erwiesen. Deshalb ist der Kreis bekanntlich direkt in die Darlehensverpflichtungen eingetreten. Trotzdem steht für 2011 erneut ein Defizit von mehreren Millionen ins Haus, deutlich mehr übrigens als der im Haushalt veranschlagte Betriebszuschuss von 2,5 Mio. €.

Die Einführung des neuen Haushaltsrechts mit seiner Darstellung des Ressourcenverbrauchs ist Anlass, aber keineswegs der alleinige Grund, jetzt ein klares Signal auszusenden. Wir müssen Schritt für Schritt – natürlich über einen längeren Zeitraum – Verbindlichkeiten abbauen. Dies umso mehr als wieder große Brocken auf uns zukommen – der Masterplan für die Berufsschulen, die Sanierung dieses Gebäudes, Rückstände im Neubau und der Sanierung von Kreisstraßen und die Sicherung unserer Krankenhäuser. Wenn diese Investitionen einhergehen mit sinkender Steuerkraft der Kommunen – und dies zeichnet sich tendenziell schon ab – dann brauchen wir Reserven, um zu große Sprünge der Kreisumlage zu vermeiden und zur Abdeckung von Investitionsspitzen auch wieder Darlehen aufnehmen zu können.

Mir ist klar, dass es nicht entscheidend ist, ob wir 2012 einen Zehntelpunkt mehr oder weniger Umlage erheben, das ist eher eine Prinzipienfrage. Es kommt uns auf die Botschaft an – deshalb plädiert unsere Fraktion mehrheitlich dafür, im kommenden Jahr einige Millionen in den Schuldenabbau zu investieren. Ich sage bewusst „investieren“. Wir alle hoffen, dass noch Reserven im Haushalt stecken. Wenn es so ist – gut so, dies hilft uns 2013 und später. Erlauben Sie mir dieses Bild: Die Gemeinden sind voll haftende Gesellschafter der Kreis-OHG. Was der Kreis unabweisbar braucht, muss und wird er sich bei den Gemeinden holen, in guten aber auch in schlechteren Zeiten. Deshalb gilt es jetzt nach bewährtem schwäbischem Hausvaterprinzip vorzusorgen. Diese Erkenntnis verschafft zwar den Gemeinden kein Geld, aber vielleicht das Verständnis dafür, dass der Kreis nicht gegen sie sondern für sie arbeitet.

Nachdem die Beratungen in den Ausschüssen über die Haushaltsanträge weitgehend im Konsens abgelaufen sind, werden wir dem Haushalt zustimmen. Unabhängig davon möchten wir, dass dieser Kreistag vorab über die vorliegenden Anträge zur Höhe des Hebesatzes abstimmt.

Unabhängig vom heutigen Beschluss müssen wir, der Kreis und seine Kommunen, zukunftsorientiert denken und handeln. Das sind wir – um dieses geflügelte Wort zu verwenden – unseren Kindern im wahrsten Sinne des Begriffs – schuldig. Da können Bescheidenheit und Verzicht die wertvollsten Investitionen sein.

Schon Cicero hat gesagt: „Die Menschen verstehen nicht, welch große Einnahmequelle in der Sparsamkeit liegt.

 

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