Haushaltsrede 2013 Landkreis

Kreistag am 8. November 2013

Fraktionsvorsitzender Alfred Bachofer

Lassen Sie mich eingangs den von Herrn Landrat Eininger geprägten Begriff der „fairen Finanzpartnerschaft zwischen Landkreis und Gemeinden“ beleuchten. Man sollte diese Partnerschaft nicht auf „finanzielle Rücksichtnahme“ reduzieren. Unser Landkreis und seine Städte und Gemeinden erbringen vielfältige öffentliche Dienstleistungen, ihre Verantwortungsbereiche sind eng verflochten. Nehmen wir als Beispiele nur das Schulwesen, die Kliniken und die soziale Absicherung.

Diese kommunale Partnerschaft wird mehr oder weniger freundlich wahrgenommen. Vor allem bei den größeren Städten sind Unterschiede wahrnehmbar. Die einen sind durch die Leistungen des Landkreises in hohem Maße begünstigt und trotzdem gelegentlich unzufrieden. Die anderen gehören zu den Zahlmeistern ohne örtliche Einrichtungen und äußern darüber manchmal Missmut.

In Zeiten einer zunehmenden Mobilität darf aber eine solche Solidargemeinschaft nicht an Gemeindegrenzen haltmachen. Unsere gemeinsame Verpflichtung ist das öffentliche Wohl. Auch wenn Kreis und Kommunen unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen, so haben sie doch das gleiche Ziel: Daseinsvorsorge für unsere Bürgerinnen und Bürger. Der Kreis profitiert von starken Städten und Gemeinden. Aber auch die Gemeinden brauchen einen Landkreis, der handlungsfähig ist und der seine Aufgaben für uns alle erfüllen kann.

Dieses in der Waage zu halten, ist leichter gesagt als getan. Da der Landkreis auf der Einnahmenseite praktisch nur die Kreisumlage hat, ist Verzicht der einzig gangbare Weg zur Schonung der Kommunen. Wie aber geht das schmerzfrei? Ich muss dazu nicht das Klinikproblem bemühen. Einschnitte bei den Schulen, Straßen oder gar im sozialen Leistungsbereich sind eher theoretisch als praktisch umsetzbar, denn die Gemeinden, ihre Bürger und die Wirtschaft würden sofort auf den Plan gerufen.

Die deutsche Politik auf höherer Ebene leidet unter einem grundsätzlichen Fehler. Gesetzliche Leistungsverbesserungen und Wohltaten werden, weil sie häufig politisch motiviert sind, regelmäßig ohne die fiskalischen Konsequenzen diskutiert. Die Schuldenbremse ist deshalb richtig, weil sie zur notwendigen Gesamtsicht zwingt und hoffentlich den Weg in zusätzliche Schulden versperrt. Klar ist aber auch, dass ein Staatshaushalt ohne Neuverschuldung nichts bringt, wenn gleichzeitig das kommunale Fundament an nicht tragbaren Lasten zerbricht.

Schulden können dann vertretbar sein, wenn es um die Finanzierung langfristiger Infrastruktur geht. In diesen Fällen zwingt aber das neue Haushaltsrecht dazu, dass auch in zukünftigen Jahren der Schuldendienst – Zins und Abschreibung bzw. Tilgung – aus den laufenden Erträgen finanziert werden kann. Kommende Generationen sollen damit nicht belastet werden. Das hört sich einfach und logisch an, ist es aber nicht. Denn dieses Haushaltsrecht hat die Versäumnisse der Vergangenheit, nämlich das Verschweigen des Ressourcenverbrauchs, schonungslos aufgedeckt.

Wie uns die Schuldenkrise deutlich vor Augen führt, hat der Begriff der Nachhaltigkeit nicht nur eine ökologische, sondern auch eine ökonomische Bedeutung. Deshalb müssen wir künftige Investitionen mit einer Folgekostenabschätzung in ihrer Langzeitwirkung bewerten.

Deutschland führt einen Lebensstil, der auf Wachstum setzt. Unser Landkreis und die Mehrzahl seiner Gemeinden können die ihnen übertragenen zusätzlichen Aufgaben nur bei kräftig steigenden Steuereinnahmen ohne zusätzliche Schulden finanzieren. Dabei wenden sich immer mehr Menschen von der Wachstumsgläubigkeit ab. Leider bleibt nicht selten der gleiche Personenkreis bei der Forderungsmentalität und der Annahme, irgendwo sei schon noch Geld vorhanden.

Die schwierige finanzielle Situation der deutschen Kommunen wurde in den vergangenen Jahren zwar politisch immer deutlicher wahrgenommen. Eine wirklich Lösung ist aber nicht in Sicht, denn seien wir ehrlich – alle Ebenen der öffentlichen Hand sind in der gleichen Lage und so greift einer dem anderen in die Tasche. Eine positive Veränderung kann dauerhaft allerdings nur dann gelingen, wenn die öffentlichen Körperschaften sich nicht weiter verschulden und die schon vorhandenen Defizite abbauen. Wann – wenn nicht jetzt kann der Schuldenberg abgetragen werden?

Dabei ist die Gefahr von Fehlentwicklungen gerade in Boomjahren am größten. Es ist eine alte politische Erfahrung, dass öffentliche Haushalte in guten Zeiten ruiniert werden.

 

Soziales

Der Präsident der Caritas-Delegiertenversammlung, Peter Neher, weist in einem Interview in der Stuttgarter Zeitung auf ein starkes Auseinanderdriften der Bevölkerung in arm und reich hin und beklagt, dass es viele Menschen nicht schaffen, aus ihrer prekären Lebenssituation herauszukommen.

In unserem Sozialhaushalt erleben wir dennoch tendenziell eine leichte Entspannung, wenn auch nicht in dem Maße, wie es angesichts der gesamtwirtschaftlichen Lage zu erwarten wäre. Dies liegt zum einen am Rückgang der Arbeitslosigkeit, insbesondere der Langzeitarbeitslosigkeit. Zum anderen übernimmt der Bund größere Anteile der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Dennoch bleiben die Sozialausgaben im Landkreis Esslingen mit rund 191,6 Mio. € weiter auf einem viel zu hohen Niveau.

Als Fazit müssen wir festhalten, dass es uns auch in wirtschaftlich stabilen Zeiten mit guter Konjunktur, geringer Arbeitslosigkeit und sinkender Anzahl der Bedarfsgemeinschaften nach SGB II nicht gelingt, die Sozialausgaben spürbar zu senken. Wie wollen wir dies auf Dauer stemmen, wenn die konjunkturellen Rahmenbedingungen schlechter werden?

Es geht beim Sozialetat aber nicht nur ums Geld. Nicht vergessen sollten wir stets, dass hinter diesen Zahlen Menschen und ihre Schicksale stehen. Deshalb unterstützt unsere Fraktion das erfolgreiche Bemühen der Kreisverwaltung, durch Prävention und durch die Zusammenarbeit mit freien Wohlfahrtsträgern Hilfsbedürftigkeit zu vermeiden.

Erfreulich ist, dass die Nachfrage nach Arbeitskräften so stabil ist, dass auch Langzeitarbeitslose mit mehreren Vermittlungshemmnissen Chancen auf eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt haben. Auch hier zeigt sich, dass Wachstum und dadurch mehr Beschäftigung der entscheidende Schlüsselfaktor für eine weitere wirtschaftliche Stabilisierung sind.

Deshalb muss die grün-rote Landesregierung auch aufpassen, dass sie mit ihrem Politikstil nicht zur Wachstumsbremse wird. Drohende Beispiele sind der Verkehrshaushalt und auch der Bildungsbereich.

Der Ausbau der Kinderbetreuung geht mit großen Schritten voran. Mit Blick auf den Rechtsanspruch ab dem 1. August 2013 werden in den Städten und Gemeinden große Anstrengungen unternommen, dieser gesellschaftspolitischen Herausforderung gerecht zu werden. Der Landkreis unterstützt als Träger der Jugendhilfe diesen Kraftakt und setzt zusätzliche Mittel aus dem Pakt für Familien zielgerichtet ein.

Mit dem gesetzlichen Rechtsanspruch für die U3-Betreuung wurde die Kostentragung fixiert. Es wurde jedoch nicht gefragt, ob die Kommunen ihren Anteil auch tatsächlich finanzieren können. Heute zeigt sich, dass die große Mehrheit der Kommunen es nicht kann. Daher fordert der Städtetag eine Streckung und Modifizierung des Rechtsanspruchs. Dazu kommt, dass überall händeringend nach qualifizierten Erzieherinnen gesucht wird.

Für uns Freie Wähler ist es keine Frage, dass wir die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Kreisjugendring Esslingen fortsetzen wollen. Bei den bevorstehenden Budgetverhandlungen wollen wir eine inhaltliche Weiterentwicklung, die der schulraumorientierten Jugendhilfe genauso einen Platz einräumt wir der offenen Jugendarbeit. Die Erhebung „Offene Kinder- und Jugendarbeit in den Einrichtungen des Kreisjugendrings“ gibt wichtige Fingerzeige auf flexiblere Konzepte mit institutionellen, flexiblen und sozialräumlichen Elementen. Diese müssen auf kommunaler Ebene vernetzt werden. Angesichts der Veränderungen bei der Schulsozialarbeit sehen wir Verhandlungsspielräume, die diese Weiterentwicklung ohne eine Erhöhung des Budgets ermöglichen sollten.

 

Kreiskliniken

Ich habe eingangs gesagt, dass nicht alle Kommunen die Partnerschaft mit dem Landkreis als ausgewogen empfinden. Gegenwärtig gilt dies wohl auch für die Stadt Plochingen, die stets loyal zum Kreis gestanden ist. Die sich abzeichnende Aufgabe der akut-medizinischen Versorgung am Krankenhaus Plochingen ist ein herber Schlag für diesen Standort. Dies umso mehr als dieses Haus bei den Patienten als auch bei der Belegschaft sehr beliebt ist.

Es gibt drei Hauptgründe für die Veränderung:

Im Kreis gibt es als Folge der durchgreifenden Veränderungen im Gesundheitswesen und der Angebote im Umland zu viele Krankenhausstandorte.

Kleine Häuser, wenn sie nicht Fachkliniken sind, können den heutigen medizinischen Anforderungen auf Dauer nicht entsprechen. Sie haben zu wenig Fallzahlen für die Gewinnung von ärztlichem und pflegerischem Personal.

Das Auseinanderdriften von Kostensteigerungen und Budgetanpassungen zwingt die Träger zu drastischen Sparmaßnahmen. Das ist politisch gewollt. Deshalb können die jüngsten Koalitionsbeschlüsse, die die dramatische Situation der Krankenhausfinanzierung mit Blick auf Wählerstimmen völlig ausblenden, kaum verwundern.

Bei den Strukturdebatten 1999 und 2003 hat sich der Kreistag zwar für den Abbau von Doppelangeboten entschieden, sich aber grundsätzlich zur dezentralen Flächenversorgung bekannt. Dieser Haltung hat die Gesundheitsreform den Boden entzogen. Mehr als 60 % aller kommunalen Krankenhäuser im Land sind heute mehr oder weniger tief in den roten Zahlen.

Um die vom Kreistag gewollte dezentrale Struktur zu retten, hat die Geschäftsführung der Kliniken auf Leistungs-steigerungen gesetzt. Mit Stärkung der einzelnen Standorte wollte man der Kostenschere ausweichen. Unterstützt wurde diese These durch Fachgutachten, wie im Falle des Gesundheitszentrums Ruit. Aus der Rückschau hat sich dies als Fehleinschätzung herausgestellt, denn die Kosten sind stärker gestiegen als die Erlöse. In Ruit hat uns zudem eine nachträgliche Rechtsänderung den Boden für einen wirtschaftlicheren Betrieb entzogen.

Dies heute dem Aufsichtsrat und besonders seinem Vorsitzenden zum Vorwurf zu machen, zeugt von fehlender Sachkenntnis und mangelnder Fairness. Der Aufsichtsrat hat erst vor drei Jahren das Steuer übernommen und von allen Fraktionen kommunalpolitisch gewollte Strukturen quasi geerbt. Seither stemmen sich Landrat Eininger und das Gremium mit aller Macht gegen die Kostenlawine. Daraus sind auch die Beauftragungen an die Gutachter “economedic” und “Ernst & Young” entstanden. Beide kommen im Falle von Plochingen leider zum absolut gleichen Ergebnis.

Zwingender Handlungsbedarf ist im Falle Plochingen nicht nur aus finanziellen, sondern vor allem aus personellen und medizinischen Gründen gegeben. Versorgungsengpässe in Kirchheim, die diesem Haus erheblich schaden würden, lassen sich nur beseitigen, wenn pflegerisches und ärztliches Personal, das in Plochingen nicht optimal eingesetzt werden kann, übernommen wird. Darüber muss nun im Dezember der Kreistag befinden.

Die SPD-Fraktion muss sich die Frage gefallen lassen, wieso sie die sachliche Notwendigkeit anerkennt, aber den Zeitpunkt für “politisch falsch” hält. Wieso ist es politisch falsch, ein Defizit von monatlich ca. 150 000 € zu vermeiden und Nachteile für das Haus in Kirchheim abzuwenden? Es geht eben nicht um zwei Monate, sondern um einen viel längeren Zeitraum. Aufsichtsrat und Kreistag dürfen nicht mehr warten, wenn sie sich nicht einer Pflichtverletzung bis hin zur Haftungsfrage schuldig machen wollen.

Für Plochingen geht es nun um ein medizinisch und wirtschaftlich tragfähiges Nutzungskonzept. Da erwarten wir von Ernst & Young mehr als nur allgemeine Aussagen.

Unbestreitbar ist Plochingen nur ein kleiner Stein im Problemgefüge der Kreiskliniken. An den übrigen Standorten ist das Ganze viel komplexer und nur mittelfristig lösbar. Klar ist aber schon heute, dass nur ein Zusammengehen des Städt. Klinikums mit den Kreiskliniken die medizinischen und wirtschaftlichen Fragestellungen beherrschbar macht. Kräftige Einschnitte an allen Häusern werden dabei nicht ausbleiben. Wenn es dazu nicht kommen sollte, werden beide Träger schon in naher Zukunft finanziell überfordert sein.

 

ATU und Abfallwirtschaft

In unserem Abfallwirtschaftsbetrieb sind technisch und wirtschaftlich leistungsfähige Strukturen geschaffen worden. Und davon profitieren unsere Bürgerinnen und Bürger und die Gewerbebetriebe, denn niedrige Entsorgungsgebühren sind fast schon ein Standortfaktor.

Und doch gibt es Punkte, die unserer Aufmerksamkeit bedürfen. Auf Bundesebene ist dies der zunächst abgewehrte Versuch, die Hoheit über die Wertstoffe anders zu regeln. Die Bundesregierung hat doch tatsächlich den Anlauf genommen, die Rosinen der Abfallwirtschaft (Wertstoffe) den privaten Unternehmen zugänglich zu machen und die Zitronen (Restmüll) den Landkreisen zu belassen. Das hätte zur Folge gehabt, dass die bisherige Quersubventionierung nicht mehr möglich gewesen wäre und die Müllgebühren deutlich gestiegen wären. Dies konnte verhindert werden, aber wir sind nicht sicher vor weiteren Versuchen, die kommunale Ebene und damit letztlich den Bürger zusätzlich zu belasten.

An dieser Stelle seien noch beispielhaft einige Akteure genannte, die sich in vorbildlicher Weise am „System Entsorgung“ beteiligen. Das sind z.B. die vielen Vereine, die Papier sammeln oder die Esslinger Beschäftigungsinitiative, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Wiederverwertung von Elektronikschrott mitwirken. Bei ihnen und bei Geschäftsführung und Mitarbeitern des AWB bedanken sich die Freien Wähler für ihre Arbeit.

Man könnte bei oberflächlicher Betrachtung zu dem Schluss kommen, dass mit fast 7 Mio. € ein stattlicher Betrag in unser Straßennetz fließt. Tatsächlich wissen wir aber seit der letzten Fortschreibung des Kreisstraßenprogramms, dass wir uns auch in diesem für den Wirtschaftsstandort Landkreis Esslingen so wichtigen Handlungsfeld an der untersten Grenze des Verantwortbaren bewegen.

Zusätzlich verschärft wird dies durch zwei Entwicklungen. Zum einen hat sich die neue Landesregierung politisch motiviert aus dem bisherigen Programm für Neubaumaßnahmen zurückgezogen. Als Negativbeispiel sei die Streichung der

L 1204 – die Autobahnparallele bis zur Messe – genannt. Zum zweiten hören wir über Gemeinde- und Städtetag, dass das Land an Überlegungen für die Abstufung von Landesstraßen arbeitet. Wir müssen wachsam sein, damit nicht weitere Lasten auf die kommunale Ebene abgewälzt werden.

Wir haben unseren Anteil an der Finanzierung der U 6 auf den Fildern beschlossen. Jetzt sind Leinfelden-Echterdingen und das Land am Zug. Hier darf keine Zeit verloren gehen, sonst schaffen wir die Verlängerung der S-Bahn nach Neuhausen bis 2019 nicht. Wie es danach mit Bundes- oder Landesmitteln aussieht, steht in den Sternen. Das zentrale Schienenprojekt auf den verkehrlich völlig überlasteten Fildern wäre gefährdet. Alle Beteiligten müssen sich dieses Risikos bewusst sein.

Wir hoffen sehr, dass das „Schwäbische Streuobstparadies“ in 2013 an Fahrt gewinnt, nachdem unser Landrat Eininger zum Vorsitzenden und eine erfahrene Geschäftsführerin gewählt wurden. Wichtig sind uns Aktivitäten, die auch bei den Erzeugern ankommen. Nur dann besteht die Chance, den landschaftsprägenden Streuobstbau zu erhalten.

 

Bildung und Schulen

Unsere Jugend braucht beste Bildung, um im immer härter werdenden Wettbewerb bestehen zu können. Gute Schulen sind da die unverzichtbare Grundlage. Auf diesem Gebiet schadet ständiges Experimentieren. Schon die früheren Regierungen haben hier eine permanente Unruhe erzeugt. Dennoch war und ist unser Schulwesen im Ländervergleich Spitze. Grün-Rot schlägt nun mit einem zweigliedrigen Schulsystem einen völlig veränderten Weg ein. Man kann ja Verständnis für das Ziel haben, benachteiligte Kinder besser zu fördern. Dann aber muss diese bildungspolitische Weichenstellung deutlich professioneller umgesetzt werden. Angesichts der engen Verknüpfung von allgemeinbildenden und beruflichen Schulen brauchen wir rasch klare Aussagen und Lösungen. Dies gilt z.B. für die Auswirkungen 6-jähriger beruflicher Gymnasien auf die gemeindlichen Werkrealschulen, Realschulen und Gymnasien oder ein klares Regelwerk für Gemeinschaftsschulen. Bisher tappen Kultusministerium und leider auch die Kommunen und wir im dichten Nebel herum. Der Städtetag bezeichnet das Agieren des Kulturressorts gar als konzeptlos.

Unsere Fraktion hatte aus gutem Grunde einen Kreisbildungsplan beantragt, denn ohne den Blick über die Gemeinde- und Kreisgrenzen hinaus geht es heute nicht mehr. Nun will das Land eine regionale Schulentwicklungsplanung in Gang setzen. Ein richtiges Ziel, aber bisher keine erkennbaren Umsetzungsschritte.

Allen Schulträgern drohen hohe Investitionskosten, jede Gemeinde möchte ein auf sie zugeschnittenes Konzept. Da ist ein Hauen und Stechen unter Nachbarn zu befürchten. Hätte man das für diese Neuorientierung erforderliche Geld in eine zukunftsfähige Lehrerfortbildung und zusätzliche Stellen investiert, wäre dem Anliegen benachteiligter Schüler besser entsprochen worden.

Wir stellen für den Schulbereich folgende Anträge:

 

Antrag 1

Der Masterplan für unsere Berufsschulen muss auf den Prüfstand und aufbauend auf der regionalen Schulentwicklungsplanung fortgeschrieben werden. Nur so kann eine Fehlsteuerung beim weiteren Aus- und Umbau der Kreisschulen vermieden werden. Der Vollzug des Plans wird zunächst ausgesetzt, die mittelfristige Finanzplanung ab 2013 wird entsprechend angepasst.

Bis zur Fortschreibung des Masterplans werden keine weiteren Planungen für Generalsanierungen und Um- bzw. Neubauten von Kreisberufsschulen im Landkreis Esslingen begonnen, da im Moment keine konkreten Zielvorstellungen festgelegt werden können. Ausgenommen sind Untersuchungen bzw. Planungsstudien, die der Überprüfung bzw. Fortschreibung des Masterplans dienen.

 

Antrag 2

Der Antrag der Kreisverwaltung auf Einführung des 6-jährigen beruflichen Gymnasiums an den kreiseigenen Schulen soll ruhen. Diese Thematik ist zunächst im Rahmen der regionalen Schulentwicklungsplanung zu prüfen und mit den übrigen Schulträgern abzustimmen. Anschließend berät der Kultur- und Schulausschuss über das weitere Vorgehen.

Verwaltung und Finanzen

Der vorgelegte Haushaltsentwurf macht vor allem eines deutlich – so können wir nicht weiter machen. Würde all das umgesetzt, was wir bereits beschlossen oder in der Finanzplanung ausgewiesen haben, würde die Verschuldung des Kreises im Kernhaushalt trotz einer bis 2016 auf 230 Mio. € angestiegenen Kreisumlage um 54 Mio € auf wieder 158 Mio. € anwachsen. Nimmt man das PPP-Projekt Verwaltungsgebäude und die schon übernommenen Schulden der Kliniken hinzu, wären es gar 240 Mio. €. Die bei den Kliniken verbliebenen Schulden mit etwa 80 Mio. €, insbesondere für Ruit, sind da noch ausgeklammert.

Das bedeutet im Klartext: Die geplanten Großinvestitionen, u.a. bei Schulen und beim Verwaltungsgebäude, können wir uns schlicht nicht leisten. Alleine im Jahr 2013 wollen wir

21,5 Mio. €, investieren. Im Finanzplanungszeitraum entwickelt sich das noch extremer. Daher muss diese Finanzplanung auf eine tragfähige Basis gestellt werden.

Kreistag und Verwaltung müssen gemeinsam eine Strategie entwickeln, wie wir unsere Ziele und Leistungen finanzierbar halten. Sonst überfordern wir die Gemeinden. Ein Problem ist dabei die Diskrepanz zwischen Abschreibungen und Tilgungen. Diese beträgt rd. 2,5 Mio. €, nicht zuletzt weil wir deutlich höher tilgen als abschreiben und nicht alles aktiviert haben. Der aus heutiger Sicht bis 2016 auf mehr als 6 Mio. € anwachsende Liquiditätsengpass wäre, da er zumindest teilweise über teure Kassenkredite geschlossen werden müsste, nicht verantwortbar.

Die Quadratur des Kreises, eine maßvolle Kreisumlage, vertretbare Schulden und Umsetzung alle Projekte der mittelfristigen Finanzplanung, kann nicht gelingen. Deshalb stellen wir folgenden Antrag:

 

Antrag 3

Der Entwurf der mittelfristigen Finanzplanung macht deutlich, dass der Landkreis große Finanzierungs- und Liquiditätsprobleme bekäme. Wenn wir nicht gegensteuern, würde der Landkreis dauerhaft in zu hohe Schulden und teure Kassenkreditfinanzierungen hineinlaufen. Darauf hat schon Herr Landrat Eininger in seiner Haushaltsrede hingewiesen.

Die sich abzeichnende Entwicklung erfordert eine grundlegende Strategiediskussion. Wir beantragen dazu eine Klausursitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses. Die Kreisverwaltung legt dazu ein Handlungskonzept vor, mit dem aufgezeigt wird, wie die Liquiditätslücke geschlossen werden kann welche Möglichkeiten bestehen, die Diskrepanz zwischen Abschreibungen und Tilgungen abzubauen wie das Investitionsprogramm verändert bzw. gestreckt werden kann, damit künftige Haushalte nicht durch Zinsen und Abschreibung bzw. Tilgungen überfordert werden.

Damit diese Strategiesitzung sorgfältig vorbereitet werden kann, ist die mittelfristige Finanzplanung bis zum Haushaltsbeschluss, wie in Antrag 1 beschrieben, durch Streichung von Investitionsvorhaben auf eine realistische Größenordnung zu reduzieren.

Im Stellenplan 2013 sollen 18,4 neue Stellen geschaffen werden – dem stehen nur 4,7 Streichungen gegenüber. Die Notwendigkeit der Neuschaffungen ist zwar umfassend dargelegt, es stellt sich aber dennoch die Frage, ob nicht angesichts der finanziell schwierigen Lage die Zahl der Stellenstreichungen erhöht werden muss.

 

Antrag 4

Die Verwaltung legt dar, wie auf einzelne Stellenneuschaffungen verzichtet oder eine Verschiebung vorgenommen werden kann. Zusätzlich ist aufzuzeigen, ob und in welchen Bereichen in absehbarer Zeit Stellen entfallen können.

 

 

Schlussbetrachtungen

Wir sind ein Landkreis in einem wirtschaftsstarken Raum mit relativ niedriger Arbeitslosigkeit, hohem Steueraufkommen und einer überdurchschnittlichen Infrastruktur. Ganz im Gegensatz dazu steht die eher pessimistische Botschaft dieses Haushalts. Vielleicht sind die Warnsignale des neuen Haushaltsrechts für uns und viele Kommunen zu spät gekommen. Nur so ist es erklärbar, dass wir schon in guten Zeiten sagen müssen, dass es nicht weitergehen kann wie in der Vergangenheit. Was erst, wenn die Konjunktur zu erlahmen beginnt? Bund und Land müssen wissen, dass die Gemeinden und die Landkreise, die ökonomische und gesellschaftliche Basis unseres Staatswesens sind. Verhältnisse wie in Nordrhein-Westfalen, wo viele Kommunen nur noch auf Pump leben, darf es bei uns nicht geben. Das wohlhabende Land Hessen hat aus diesem Grund sogar einen Rettungsschirm für verschuldete Gemeinden aufgespannt.

Wie ich es eingangs gesagt habe – Landkreis und Gemeinden brauchen sich gegenseitig. Deshalb dürfen keine unüberbrückbaren Gegensätze entstehen – auch nicht dergestalt, dass Gemeinden ihren Haushalt so stark ausreizen, dass für den Kreishaushalt eigentlich nichts übrig bleibt. Wir brauchen einen Pakt der Vernunft, mit den Gemeinden und hier im Kreistag. Wie schwer das umzusetzen ist, erleben wir in der Kliniklandschaft.

Erwarten dürfen wir auch, dass der Verband Region Stuttgart sich diese Sichtweise zu eigen macht. Gerade in den letzten Jahren hat sich dort die Mentalität entwickelt: Was wir für richtig halten, haben Gemeinden und Kreise auch zu zahlen. Hier ist dringend ein Umdenken angesagt.

Unsere Fraktion hält von der Verwaltung mit 37,7 Punkten beantragte Kreisumlage für richtig. Die Strategieberatung muss sich mit der weiteren Entwicklung befassen. Wer einen niedrigeren Satz vorschlägt, muss sagen, auf was er verzichten möchte.

Unsere Fraktion bedankt sich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Einrichtungen des Landkreises für ihren Einsatz. Besonders schwer haben es derzeit die Belegschaften unserer Kliniken, denen der gegenwärtige Schwebezustand sehr zu schaffen macht. Respekt, dass sie uns dennoch die Treue halten.

Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft darf nicht zur Ausrede dafür werden, in der Gegenwart nicht alles Machbare zu tun. Vor allem weil wir wissen, dass kommenden Generationen mit deutlich weniger Schultern Lasten auferlegt werden, von denen wir kaum eine reale Vorstellung haben.

Bertolt Brecht hat richtig gesagt:

„Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“

 

Wenn wir unseren Auftrag, für das öffentliche Wohl in unserem Landkreis zu sorgen, ernst nehmen, werden wir auch eine schwieriger werdende Zukunft meistern. Dazu müssen wir aber über Fraktionsgrenzen hinweg partnerschaftlich zusammenwirken.

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