Landkreis schreibt den Nahverkehrsplan fort
Umfassende Zuständigkeit für die Busverkehre – Neuordnung der Finanzierung
Das neue ÖPNV-Gesetz weist den Landkreisen dauerhaft die volle Zuständigkeit für die Busverkehre zu. Damit sind langwierige und unerfreuliche Auseinandersetzungen mit dem Verband Region Stuttgart beendet worden. Die seit langem von den Freien Wählern vertretene Auffassung, dass man vor Ort die Verhältnisse am besten kennt und dadurch in der Lage ist, einen bedarfsgerechten und wirtschaftlichen Verkehr zu organisieren, wurde nun bestätigt. Diese Klarstellung erhöht aber auch die Verantwortlichkeit der Kreisgremien und der Verwaltung. Die Defizitabdeckung erfolgt künftig nicht mehr über den Verband Region Stuttgart, sondern direkt. Weil gleichzeitig die Verkehrsumlage sinkt, ergibt sich ein Nullsummenspiel.
Der Vorsitzende der Kreistagsfraktion, Bürgermeister Bernhard Richter, begründete die Zustimmung seiner Kolleginnen und Kollegen zum Nahverkehrsplan wie folgt:
Beim Thema Nahverkehrsplan scheiden sich manchmal die Geister. Ich kann mich noch gut an die Diskussion über die Linienbündel erinnern, die nachher die Grundlage für die Ausschreibung der ÖPNV-Leistungen sind. Ziel dieser Diskussion war es, dass im Rahmen der Ausschreibungen die Leistungen für die ÖPNV-Nutzer verbessert werden und durch den Wettbewerb eine für den Kostenträger günstigere Situation herauskommt. Dazu wurden die Finanzströme neu geordnet.
Jetzt musste nur noch eine gemeinsame Grundlage gefunden werden, die eine gewisse Gerechtigkeit über den Landkreis, aber letztlich eigentlich über den Verbund ermöglicht. Herausgekommen ist dann eine theoretische Berechnungsmethode zur Ermittlung eines Basisangebotes.
In der Detailberatung mit den Kommunen und den Raumschaften wurde dann aber sehr schnell deutlich, dass dies teilweise zu massiven Eingriffen in die ÖPNV-Struktur und das bestehende Angebot führen würde. Das war allerdings nie Ziel bei der Fortschreibung des Nahverkehrsplans.
Insoweit war und ist es natürlich relativ schwierig, eine Lösung zu finden, die alle als gerecht empfinden. Um massive Streichungen bei den Buslinien zu vermeiden, wurde dann der Kompromiss gefunden, auch den Status Quo zu 100 % über den Landkreis zu finanzieren. Auch dieser Kompromiss hat natürlich 2 Seiten – er verhindert zwar den Eingriff in das bestehende Busangebot, man könnte aber auch sagen, dass historisch bestehende Ungerechtigkeiten dadurch dauerhaft zementiert werden.
Das ist allerdings ein Dilemma, aus dem man fast nicht herauskommt. Letztlich brauchen wir eine Lösung, die auch hier im Kreistag mehrheitsfähig ist. Wenn wir uns an den anderen Verbundlandkreisen, wie z. B. Böblingen und Ludwigsburg orientieren, wurden dort ähnliche Modelle umgesetzt.
Kritisch wurde in unserer Fraktion gesehen, dass durch die Komplettfinanzierung des Status Quo keine Anreize geschaffen werden, die einen wirtschaftlicheren Ressourceneinsatz ermöglichen könnten. Eine Gleichschaltung aller Kommunen gibt es zukünftig auch nicht, da das Status Quo-Angebot in vielen Fällen höher ist als das Basisangebot. Aber wie gesagt, es handelt sich um einen Kompromiss, dem wir Freien Wähler auch mehrheitlich zustimmen werden.
Die 100 %-gerechte Lösung haben wir übrigens auch nicht gefunden. Wir halten es aber für richtig, dass bei Zubestellungen durch die Kommunen ein gewisser Eigenanteil zu bezahlen ist. Wenn man hier die anderen Verbundlandkreise anschaut, war die bisherige 30/70-Regelung schon eine große Hürde für jede einzelne Kommune, da stehen wir mit 50/50 nun besser da.
Der zeitliche Ablauf wurde bei uns in der Fraktion ebenfalls kritisiert – obwohl wir die Schwierigkeiten der zeitlichen Abläufe natürlich sehen. Die Verwaltung kam vor der Sommerpause mit diesem Thema in den VFA – wir haben dann darauf hingewiesen, dass es nicht praktikabel ist, in den Kommunen mit neuen Gemeinderäten über die Sommerpause adäquate Stellungnahmen auszuarbeiten. Daraus hat sich allerdings ein gewisser Zeitdruck ergeben, da alle Stellungnahmen nicht nur abgebildet sondern auch abgearbeitet werden mussten.
Das jetzige Werk, das ja mehrere Zentimeter dick ist, kam dann erst ein paar Tage vor der VFA-Sitzung. Das im Einzelfall konkret durchzuarbeiten ist im Ehrenamt schlicht nicht möglich. Allerdings werden die Stellungnahmen des Landkreises jetzt wiederum an die Kommunen geschickt, die sich damit dann nochmals in ihrem konkreten Fall auseinandersetzen können.
Durch den heutigen Beschluss können wir auf jeden Fall gewährleisten, dass es bei der Bündelausschreibung zu keinen zeitlichen Verzögerungen kommt. Wir stimmen somit mehrheitlich sowohl der der Fortschreibung des Nahverkehrsplans wie den neuen Finanzierungsgrundsätzen zu.