Kreistag verabschiedet mit großer Mehrheit den Haushalt 2017 und den Wirtschaftsplan des Abfallwirtschaftsbetriebs

Ergebnishaushalt: 591 Mio. € – Finanzhaushalt 588 Mio. € – Freie Wähler setzen niedriger Kreisumlage durch

Es war ein langes Ringen um die von den Kreiskommunen aufzubringende Kreisumlage. Letztlich setzte sich die Fraktion Freie Wähler mit ihrem Vorschlag, den Hebesatz auf 32,5 Punkte festzulegen, durch.

Der finanzpolitische Sprecher der Fraktion, Kreisrat Rainer Lechner, Bürgermeister in Ostfildern, begründete die Haltung seiner Fraktion wie folgt:

Bei der Einbringung des Haushalts am 29. September sprachen Sie, sehr geehrter Herr Landrat Eininger, noch „von wenig Planbarkeit und dem Blick in die Glaskugel“ bei der Erstellung des Planwerks. Zur Finanzierung des Haushalts 2017 war eine Kreisumlage von 34,0 % mit einem Aufkommen von 242 Mio. Euro vorgesehen. Die Steigerung gegenüber der Kreisumlage im laufenden Jahr hätte knapp 13 % bzw. 27 Mio. Euro betragen. Inzwischen haben sich die Nebel aber gelichtet. Nach der Vorberatung im Verwaltungs- und Finanzausschuss (VFA) werden wir heute das Jahresergebnis 2015 mit einem Überschuss von 25,0 Mio. Euro feststellen. Für das laufende Haushaltsjahr prognostiziert die Verwaltung in der Fortschreibung des Finanzzwischenberichts zum 31.10.2016 erfreulicherweise wieder ein positives Ergebnis von rund 20 Mio. Euro. Das bedeutet eine Verbesserung gegenüber dem Haushaltsplan 2016 von 10,3 Mio. Euro.

Als „Einigung mit Licht und Schatten“ wurde in der Presse das Ergebnis der zähen Verhandlungen der kommunalen Spitzenverbände mit dem Land zur Finanzverteilung für die kommenden Jahre bezeichnet. Der erneute Griff des Landes in die kommunale Finanzmasse konnte nicht verhindert werden. Trotzdem haben alle drei Kommunalen Spitzenverbände das Verhandlungsergebnis mitgetragen, da ansonsten die Herabsetzung der Steuerverbundquote von derzeit 23 % gedroht hätte. Nach Klärung dieser Finanzfragen veröffentlichte das Land deutlich verspätet den Haushaltserlass für das Jahr 2017. Darin wurde für die Schlüsselzuweisungen an die Landkreise ein Kopfbetrag von 664 Euro/Einwohner festgelegt, somit 12 Euro/Einwohner mehr als bisher im Haushaltsentwurf eingestellt sind. Die Schlüsselzuweisungen erhöhen sich dadurch um rund 4,4 Mio. Euro. Höhere Sachkostenbeiträge für die beruflichen Schulen (+9,5%) und die Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren, wie die Rohräckerschule (+22%) erbringen weitere 1,6 Mio. Euro für den Kreishaushalt 2017.

Diese finanziellen Rahmenbedingungen erlauben es dem Landkreis,  die anstehenden großen Investitionsvorhaben aus dem Schulentwicklungsplan anzugehen und erste konkrete Maßnahmen im Haushalt 2017 zu finanzieren. Dass hierbei der Neubau der Albert-Schäffle-Schule auf Platz 1 der Prioritätenliste steht, begrüßen wir Freie Wähler ausdrücklich, hatten wir dies doch bereits im letzten Jahr so gefordert. Ebenso halten wir es für richtig, bei den nachlassenden Flüchtlingszahlen die Kreissporthallen wieder dem Schulsport zur Verfügung zu stellen. Dies wird nach aktuellem Kenntnisstand durch die Generalsanierung der bestehenden Sporthalle in Esslingen-Zell und einen Ersatzneubau der Philipp-Matthäus-Hahn-Sporthalle in Nürtingen erfolgen müssen. Dankend erwähnen möchte ich noch, dass unser Antrag, den Investitionsansatz für die Bodelschwinghschule in Höhe von 2,0 Mio. Euro im Haushaltsentwurf auf eine Planungsrate von 150 T€ zu reduzieren, in der Vorberatung im Kultur- und Schulausschuss von den anderen Fraktionen mitgetragen wurde. Das ist zwar nur eine Verschiebung der Investitionsmittel in Folgejahre, führt aber zu einer geringeren Kreditaufnahme im Haushalt 2017. Ohne die 20 Mio. Euro für neue Flüchtlingsunterkünfte und die Vermögensumlage von 3,1 Mio. Euro an den Verband Region Stuttgart, beträgt das Investitionsvolumen des Landkreises im Jahr 2017 rund 24,5 Mio. Euro. Zur Finanzierung müssen Kredite in Höhe von rund 5,3 Mio. Euro aufgenommen werden. Somit beträgt der Eigenfinanzierungsanteil 78,5% bzw. 2,7 Kreisumlagepunkte. Unsere Fraktion hält eine solche, überschaubare Neuverschuldung für vertretbar, zumal damit Anlagevermögen mit einer Nutzungsdauer von bis zu 50 Jahren geschaffen wird. Darüber hinaus begrüßen wir, dass für die Umsetzung des Schulentwicklungsplans weitere 37 Mio. Euro in der Mittelfristigen Finanzplanung bis 2020 eingestellt sind.

Nach Ausfinanzierung dieser wichtigen Investitionen im Bildungsbereich steht dann ab 2021 die nächste, dringende Investition,  die Sanierung oder der Neubau des Landratsamtsgebäudes an. Um den kurz- und mittelfristigen Bedarf an zusätzlichen Arbeitsplätzen bereitstellen zu können, soll der Krankenhausstandort Plochingen genutzt werden. Von den erforderlichen Finanzmitteln in Höhe von 10,2 Mio. € konnten bereits 4,5 Mio. Euro außerplanmäßig im Jahr 2016 finanziert werden. Der Restbetrag von 5,7 Mio. Euro ist in den Jahren 2017 bis 2019 eingeplant. Dennoch halten wir es richtig für die Grundsatzentscheidung zur Immobilienstrategie 2025, die als TOP 4 später noch auf der Tagesordnung steht, an der „Ein-Haus-Strategie“ festzuhalten.

Der Kreishaushalt wird maßgeblich durch die Höhe des Sozialhaushalts bestimmt. Sorge bereitet uns, dass dieser trotz guter Konjunkturlage und nahezu Vollbeschäftigung mit einer noch nie dagewesenen Dynamik um 5,9% bzw. 10 Mio. Euro ansteigt. Dem 5-Milliarden Euro-Entlastungspacket hat der Bundestag bereits zugestimmt. Wir erwarten, dass die Entlastungsbeträge nun auch vollständig auf der kommunalen Ebene ankommen. Auch das umstrittene Bundesteilhabegesetz hat der Bundestag jüngst verabschiedet. Behindertenverbände und Kommunen sind mit dem Ergebnis unzufrieden, da den einen die Reformen nicht weit genug gehen und den anderen einer Kostenbegrenzung nicht ausreichend Rechnung getragen wird. Auch hier bleibt abzuwarten, ob die in der Diskussion befürchtete Kostenexplosion durch die Leistungsausweitungen so eintritt.

Die Kreisverwaltung hat inzwischen auf die zurückgehenden Flüchtlingszahlen reagiert und ihre Bedarfsprognose angepasst. Unter Berücksichtigung der aktuellen Zugänge sowie der ab 01.01.2018 geltenden 7-m²-Regelung sollen bis Ende 2017 insgesamt 5.000 Plätze für die vorläufige Unterbringung zur Verfügung stehen. Wir Freien Wähler unterstützen das Ansinnen der Kreisverwaltung, auch die Notquartiere in den Zelthallen bis Ende 2017 durch länger nutzbare Unterkünfte zu ersetzen. Um die Aufgaben der Flüchtlingsunterbringung und -betreuung bestmöglich bewältigen zu können, wurde der Verwaltung vom Kreistag ein großer Handlungsspielraum zur Personalverstärkung eingeräumt.

Allein im HH-Jahr 2016 wurden 112,5 zusätzliche Stellen eingerichtet, 75% davon befristet. Dadurch steigen die Personalkosten zusätzlich um rund 6,0 Mio. Euro an. Bei dauerhaft geringeren Flüchtlingszahlen sollte der Personalbestand zeitnah wieder nach unten angepasst werden. Die Verwaltung hat im VFA bereits zugesagt, spätestens im Herbst nächsten Jahres aktuell über die Personalsituation in diesem Aufgabenbereich zu berichten.

Unter Beachtung der Mehrerträge und den Korrekturen der Aufwandsseite schlug die Verwaltung in Vorlage 136 einen Hebesatz für die Kreisumlage von 33 % Punkten vor. Die um rund 1,6 Mio. Euro höheren Sachkostenbeiträge waren hierbei noch nicht berücksichtigt. Aufgrund des guten Jahresergebnisses 2015 und der erfreulichen Prognose für 2016 vertritt unsere Fraktion die Auffassung, dass ein Teil des Überschusses von 2015 zur Finanzierung des Haushalts 2017 eingesetzt werden kann. Bereits in unserer Haushaltrede hatten wir angekündigt, dass wir bereit sind unsere Anträge bzw. Einsparvorschläge anzupassen, sofern sich entsprechende Haushaltsverbesserungen ergeben. Wir haben deshalb bei der Vorberatung im VFA unsere Anträge zur FAG-Rückstellung, der Kürzung des Personaletats und des Investitionsansatzes für Flüchtlingsunterkünfte zurückgezogen, aber an unserem beantragten Hebesatz für die Kreisumlage von 32,5 % Punkten festgehalten.

Dieser wurde in der Vorberatung im VFA durch die Unterstützung der SPD- und der FDP-Fraktion sowie der Linken zum interfraktionellen Antrag, der bei der anschließenden Abstimmung zu einer mehrheitlichen Beschlussempfehlung führte.

Mit 32,5% Punkten Kreisumlage sind alle anstehenden Aufgaben des Landkreises im Haushaltsjahr 2017 finanzierbar, die Finanzierungsleitlinien können ein weiteres Mal eingehalten werden und der Landkreis steht zu seinem Wort einer „fairen Finanzpartnerschaft“ in der kommunalen Familie.

Zum Schluss danke ich Ihnen Herr Landrat Eininger, Frau Dr. Leuze-Mohr, Frau Dostal sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für ihre Arbeit. Was sie in den letzten 15 Monaten zusätzlich für die Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge geleistet haben, war mehr als nur einen „guten Job“ zu machen. Sie haben eindrucksvoll gezeigt, was eine funktionierende öffentliche Verwaltung „im Krisenmodus“ zu leisten vermag. Das bedarf einer öffentlichen Würdigung und Anerkennung!

Ein Dank gilt auch den anderen Fraktionen für die sachlich und konstruktiv geführte Haushaltsdebatte 2017. Ihnen allen wünsche ich bereits heute frohe Weihnachten und ein gutes, friedvolles neues Jahr.

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