Freie Wähler wollen stärkste Fraktion bleiben

Kreistagswahl: Freie Wähler wollen Finanzkompetenz einbringen – Schulen und ÖPNV wichtig

Verlässlichkeit und Finanzkompetenz stellt Bernhard Richter, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, ganz oben an, wenn er im Vorfeld der Kreistagswahlen die Vorzüge seiner Fraktion preist. So gab er gestern beim Pressetermin in Plochingen auch selbstbewusst das Ziel aus: „Wir wollen stärkste Fraktion im Kreistag bleiben.“

Einige prominente Namen finden sich nicht mehr auf den 13 Listen der Freien Wähler. So treten der frühere Beurener Bürgermeister Erich Hartmann und der ehemalige Köngener Bürgermeister Hans Weil nicht mehr an. Dafür kandidieren jedoch deren Nachfolger im Bürgermeisteramt, Daniel Gluiber und Otto Ruppaner, und auch Matthias Ruckh, Bürgermeister in Wolfschlugen und Kandidat für die Nürtinger Oberbürgermeisterwahl, wirft seinen Hut erstmals in den Ring. Richter beugt allerdings dem Begriff Bürgermeisterpartei vor: „Wir haben ein breites Angebot, quer durch die Berufe und auch an Kandidatinnen.“

Wenn es um’s Geld geht, hebt Richter den „fairen Interessenausgleich zwischen dem Kreis und seinen Kommunen“ hervor. Dabei bringe seine Faktion ihre Finanzkompetenz ein. So seien die Finanzierungsrichtlinien des Kreises, die eine Eigenfinanzierungsquote zur Minimierung von Schulden vorschreibt, auf Anregung der Freien Wähler eingeführt worden. Ebenso gehe die Strategie, sich das derzeit günstige Zinsniveau durch Bausparverträge langfristig zu sichern, auf die Freien Wähler zurück. Damit soll das Kostenrisiko für die anstehenden Großprojekte, allen voran die beiden Erweiterungsbauten für die Kreisverwaltung, verringert werden.

Dazu macht Richter aber deutlich: „Wir gehen von höheren Kosten aus, als manch andere Fraktion.“ Man rechne jetzt schon mit insgesamt rund 170 Millionen, davon rund 38 Millionen für den Standort Plochingen auf dem Gelände der früheren Klinik. Das sei noch akzeptabel, doch wenn sich eine weitere wesentliche Erhöhung abzeichne, müsse neu nachgedacht werden, so Richter. „Wir wollen nicht um jeden Preis neu bauen, gegebenenfalls muss ein Kostendeckel drauf.“ Statt einem derzeit noch günstigeren Neubau anstelle des alten Landratsamts könnte auch wieder die Option einer Sanierung aufkommen, wovon Richter im Moment aber nicht ausgehen möchte. An zwei Standorten zu bauen sei aber grundsätzlich richtig, das spare teure Interimslösungen in der Bauzeit.

Kommunen soll genügend Spielraum erhalten bleiben

Sein Fraktionskollege und Sprecher im Verwaltungs- und Finanzausschuss, Rainer Lechner, weist auf weitere hohe Investitionen hin, zum Beispiel für die Digitalisierungsstrategie an den beruflichen Schulen, für Neubauten wie der Albert-Schäffle-Schule und der Bodelschwingh-Schule in Nürtingen und für den Bau von Schulsporthallen. Bei alldem müsse genügend Spielraum für die Kommunen bleiben, die solche Investitionen über die Kreisumlage mitfinanzieren.

Andererseits betont Richter die Bedeutung des beruflichen Schulwesens und sieht den Landkreis „hervorragend aufgestellt“. Martin Klein, Sprecher im Kultur- und Schulausschuss, ergänzt: „Auch die sonderpädagogischen Einrichtungen wie die Esslinger Rohräckerschule und die Bodelschwinghschule leisten herausragende Arbeit, was hohe Schülerzahlen trotz aller Inklusionsanstrengungen zeigen.“

Beim ÖPNV sei der Kreis an weiteren großen Investitionen beteiligt, wobei Richter kritisch anmerkt: „Dafür kommt von Bund und Land zu wenig.“ Dennoch stünden die Freien Wähler für ein attraktives ÖPNV-Angebot, um dem täglichen Infarkt im Pendlerverkehr entgegenzuwirken. „Alle politischen Ebenen sind gefragt, dafür in den nächsten Jahren Geld in die Hand zu nehmen.“ Und Lechner ergänzt: „Der Ausbau des Verkehrsangebots mit besseren Taktzeiten und Anbindungen muss auch im Zusammenhang mit der Forderung nach mehr Wohnbauflächen gedacht werden.“ Neben dem Ausbau des Schienenverkehrs, wie zum Beispiel der S-Bahn-Verlängerung nach Neuhausen, könnten auch mehr Busse eine Rolle spielen, gerade auch im ländlichen Raum, so Richter.

Den richtigen Weg habe man mit den Strukturentscheidungen bei den Kliniken eingeschlagen, auch wenn es, wie in Plochingen, schmerzhafte Entscheidungen zu treffen galt, so Richter. Er erinnert: „Noch vor wenigen Jahren musste der Kreis bis zu 14 Millionen Euro jährlich zuschießen, heute tragen sich die Kliniken samt Investitionen aus eigener Kraft.“ Die Standorte weiter auszubauen und zu stärken, werde von den Freien Wähler unterstützt.

Erfolgreich arbeite auch der Abfallwirtschaftsbetrieb, so Günter Riemer, Sprecher im Ausschuss für Technik und Umwelt. Die Anreize, beim Bauen auf Recyclingmaterial zu setzen, gingen auf die Initiative der Freien Wähler zurück, „auch wenn wir erst im zweiten Anlauf erfolgreich waren“, so Riemer.

Für klare Profile in der Kinder- und Jugendarbeit

Sorge mache der soziale Leistungsbereich, so Richter. Trotz sehr guter Konjunktur und niedriger Arbeitslosigkeit brauche es dafür immer mehr an Kreisfinanzen. „Da muss jedoch der Gesetzgeber entgegensteuern“, so Richter.

Frank Buß, Sprecher im Jugendhilfeausschuss, hob die Rahmenkonzeption zur Kinder- und Jugendarbeit hervor, die nach fünfjähriger Arbeit demnächst verabschiedet werden soll: „Wir haben jetzt ein landesweit führendes Konzept. Vor allem sei es auch darum gegangen, die Profile für die Schulsozialarbeit und die offene Jugendarbeit herauszuarbeiten, die doch sehr stark verflochten gewesen seien.

Richter stellte abschließend fest: „Wir nehmen nicht nur, was uns die Kreisverwaltung anbietet, sondern gestalten aktiv, zuweilen kritisch, aber immer konstruktiv mit.“

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