Landkreis richtet den Fokus auf Elektromobilität und Emissionsreduzierung

Energiewandel und Klimaschutz sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Dieser Herausforderung stellt sich auch der Landkreis Esslingen. Die vergangene Sitzung des Ausschuss für Technik und Umwelt war geprägt von zwei Schwerpunkten zur klimafreundlichen Mobilität. Beraten wurde das Grundgerüst einer Elektromobilitätskonzeption für den Landkreis und ein Forschungsvorhaben zur Nutzung von Wasserstoff in einem LKW der Straßenmeisterei.

Kreisrat Günter Riemer: „Wir müssen uns technologieoffen zeigen, wenn wir dem Klimawandel begegnen wollen.“

„Wir Freien Wähler sind froh, dass sich die Verwaltung technologieoffen zeigt. Elektromobilität ist eine Lösung auf dem Weg zur Verringerung des CO2 Ausstoßes, aber nicht die einzige Lösung, wenn es um die Herausforderung geht, Mobilität klimafreundlich anzubieten.“ Mit diesen Worten unterstützte der Fraktionssprecher Günter Riemer beide Vorschläge.

 

Elektromobilitätskonzept für den Landkreis 

Das Elektromobilitätskonzept soll den Fuhrpark im Landratsamt unter Einbeziehung des Mobilitätsverhaltens der Mitarbeitenden durchleuchten und Vorschläge erarbeiten. Die von den Freien Wählern grundsätzlich kritisch gesehenen Freiwilligkeitsleistungen, hier im speziellen die Konzeption einer Versorgungsstruktur mit Ladesäulen in gesamten Landkreis, muss den Gemeinden zum Nutzen gereichen und doppelte Konzeptionen vermeiden.

Mit der Konzepterstellung wird ein konkretes Projekt des in 2017 durchgeführten Zukunftsdialogs Landkreis Esslingen realisiert. Das Konzept soll die Potentiale in der Elektromobilität aufzeigen und zielgerichtete Investitionen in deren Markthochlauf befördern. Mit der Konzepterstellung hat die Kreisverwaltung nach einer Ausschreibung die Mobilitätswerk GmbH mit Sitz in Dresden beauftragt.

Der Bund hat hierfür eine Förderung von 80 % zugesagt. Förderfähig sind bis max. 100.000 EUR. Das Elektromobilitätskonzept wird im Rahmen der Förderrichtlinie „Elektromobilität vor Ort“ durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert. Die Umsetzung der Förderrichtlinie wird von der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) koordiniert.

Kernstück des Vorhabens ist eine Konzeption für den bedarfsgerechten Ausbau der Ladeinfrastruktur unter Berücksichtigung bereits bestehender Ladepunkte. Dies beinhaltet die kreisweite Identifikation von Bedarfsräumen für Ladeinfrastruktur sowie deren Priorisierung. Flankiert wird dies durch eine Potentialermittlung in der Elektrifizierung des öffentlichen Nahverkehrs und der Vernetzung von Verkehrsträgern im Hinblick auf den zu erstellenden Nahverkehrsplan des Landkreises Esslingen. Das Konzept greift Planungen und Vorhaben in den Kreis-kommunen auf und sichert so einen hohen Grad an Anschlussfähigkeit.

In einer Fuhrparkanalyse des Landratsamts Esslingen wird das Elektrifizierungs- und Poolingpotential ermittelt. Welche Anforderungen die E-Mobilität für eine zukunftsorientierte Parkraumgestaltung hat, soll in einer Musterlösung des Verwaltungsstandorts des Landratsamts in Esslingen aufgezeigt werden.

Bis Mitte 2020 wird die Konzepterstellung voraussichtlich abgeschlossen sein. Die Ergebnisse des Konzepts werden nach Abschluss öffentlich verfügbar sein und Bedarfsprognosen für die Ladeinfrastruktur in allen Städten und Gemeinden beinhalten. Aus einem Handlungs- und Aktionsplan werden konkrete Maßnahmen abgeleitet.

 

Projekt Emissionsfreie Straßenmeisterei

„Gespannt sind wir auf das Forschungsvorhaben mit einem Winterdienst-LKW für die Straßenmeisterei“, so Riemer. „Hier sehen wir die Investition auch als wichtige Technologieförderung in unserer Automobil- und Maschinenbauregion. Wir wünschen uns allen, dass der Bund als Hauptförderer dies auch so sieht. Klimaschutz soll, so unser erklärtes Ziel, nicht zwangsläufig mit Senkung von Standards und Einschränkungen von Lebensqualität verbunden sein. Ich bin sicher, dass unsere klugen Köpfe in Forschung und Technologie erfolgreich sein werden,“ so das Fazit Riemers.

Schwere Nutzfahrzeuge der Straßenmeisterei gelten aufgrund eines hohen Energiebedarfs und der mit ihrem Betrieb verbundenen Schadstoff- und Lärmemissionen als eine besondere Herausforderung im Kontext der Luftreinhaltung.

Die Clean-Vehicle-Richtlinie (CVD) der Europäischen Union setzt verbindliche Ziele bei Beschaffung und Auftragsvergabe durch Behörden und öffentliche Unternehmen für emissionsarme Fahrzeuge bis 2025. Sie enthält folgende verbindliche Beschaffungsquoten:

– Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bis zum 31.12.2025 38,5 % (das gleiche Ziel gilt auch für den Zeitraum bis zum 31.12.2030);

– Lkw bis zum 31.12.2025 10 % und dann bis 31.12.2030 15 %,

– Busse bis zum 31.12.2025 45 % und bis zum 31.12.2030 65 %.

Die Richtlinie ist bis 2021 in nationales Recht umzusetzen.

Bei den ersten Prüfungen im Rahmen des Elektromobilitätskonzeptes des Landkreises Esslingen wurde festgestellt, dass für schwere Nutzfahrzeuge der Straßenmeisterei derzeit keine E-Mobilitätsangebote vorhanden sind und vor allem für den Winterdienst auch nicht zu erwarten sind. Vor diesem Hintergrund besteht ein großer Handlungsdruck, auch bei schweren Fahrzeugen alternative Antriebstechnologien voranzutreiben und gleichzeitig das Know-How regionaler Partner zu nutzen.

In Kooperation mit der Hochschule Esslingen / Institut für nachhaltige Energietechnik und Mobilität (INEM) und Partnern aus der regionalen Wirtschaft bereitet die Kreisverwaltung derzeit das Projekt „Emissionsfreie Straßenmeisterei“ vor.

Zunächst erfolgte als Teil eines Verbundprojekts unter Koordination der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH eine Antragstellung im Rahmen des Wettbewerbsbeitrags „H2Rivers – Wasserstoffanwendung an Rhein und Neckar“ im HyLand-Förderprogramm in der Kategorie HyPerformer beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur / Projektträger Jülich. Die Kreisverwaltung hat am 27.09.19 mittels eines Letters of Intent seine Absicht erklärt, als Projektpartner im „H2Rivers“ Projekt vorbehaltlich der Gremienbeschlüsse aktiv mitzuwirken.

Ziel ist ein emissionsarmer Straßenbetriebsdienst durch die sukzessive Umrüstung von schweren dieselbetriebenen Straßenbetriebsdienstfahrzeugen auf Brennstoffzellentechnologie.

In einem ersten Schritt soll zunächst ein Fahrzeug der Straßenmeisterei Deizisau bzw. Kirchheim als Prototyp auf Brennstoffzellentechnologie umgerüstet werden. Die Umrüstung eines Bestandsfahrzeuges erfordert die Neuanschaffung eines Fahrzeugs für die Straßenmeisterei, da während der Umrüstungsphase ein Ersatz benötigt wird und eventuelle Anlaufschwierigkeiten eines Prototyps Risiken für den Winterdienst bergen. Im Falle einer Bewährung des Prototyps ist die Umrüstung eines zweiten Straßenbetriebsdienstfahrzeuges projektiert. Dann könnte auf die geplante Ersatzbeschaffung eines schweren Straßenbetriebsdienstfahrzeugs verzichtet werden.

Der Landkreis Esslingen wird die Fahrzeuge ertüchtigen und betreiben. Die Aufnahme des Betriebes des ersten Prototyps ist laut aktuellem Planungstand für das 4. Quartal 2021 vorgesehen. Der Eigenanteil des Landkreises liegt bei zwei Fahrzeugen voraussichtlich bei insgesamt 680.000 EUR, verteilt auf drei Jahre. Dies beinhaltet Kosten für Beschaffung, Ertüchtigung i.H.v 590.000 EUR und Personalkosten i.H.v. jeweils 30.000 EUR in den Jahren 2020 bis 2022. Die Einwerbung weiterer Finanzierungs- und Fördermittel wird angestrebt, vorbehaltlich der Kombinierbarkeit der Mittel aus förderrechtlicher Sicht.

Die Entscheidung über eine Bundesförderung wird für Januar 2020 erwartet.

Folgende Entscheidung wurde im ATU herbeigeführt:

1. Der Landkreis Esslingen beteiligt sich am Projekt „H2Rivers – Wasserstoff an Rhein und Neckar“ mit dem Förderprojekt „Emissionsarme Straßenmeisterei“ (LKES²) in der Kategorie HyPerformer.

2. Für das Projekt werden zwei Straßenbetriebsdienstfahrzeuge (eines in 2020 und ein weiteres in 2021 oder 2022) zusätzlich zur Verfügung gestellt.

3. Für die Ersatzbeschaffung und die Ertüchtigung der Straßenbetriebsdienst-fahrzeuge werden in 2020 Mittel i. H. v. 295.000 EUR und in 2021 weitere 295.000 EUR benötigt.

4. Die Mittel werden über das Änderungsverzeichnis in den Haushaltsplan 2020 und die mittelfristige Finanzplanung eingestellt.

 

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