Kreisrat Bürgermeister Frank Buß: Solidarität in unserer Gesellschaft ist keine Einbahnstraße!

Der Sozialbericht 2021 ist Voraussetzung für eine wirkungsvolle Sozialplanung, so wie sie konzeptionell in der Agenda Kommunale Integrierte Sozialplanung (KIS) beschrieben ist. Die Agenda KIS enthält die sozialpolitischen Leitlinien für den Landkreis Esslingen. Für die Erarbeitung waren die Informationen des Sozialberichts 2021, neue Gesetze und bekannte Gesetzesreformen, Gespräche mit freien Trägern, zivilgesellschaftlichen Initiativen und Wirkungsanalysen aus Projekten maßgeblich.

Auf Antrag der Fraktion der Freien Wähler vom 30.11.2022 wurde der Sozialbericht zur weiteren Beratung in die Sitzung des Sozialausschusses am 02.03.2023 verwiesen. Folgender Beschlussantrag wurde verabschiedet:

1. Der Sozialbericht 2021 wird zur Kenntnis genommen.
2. Die Verwaltung wird beauftragt, entlang der sozialpolitischen Zielsetzung der
Agenda Kommunale Integrierte Sozialplanung im Rahmen einer gemeinsamen
Auftaktveranstaltung Handlungsempfehlungen zu vereinbaren und diese in den
Sozialausschuss zur Beschlussfassung einzubringen sowie jährlich über den
Stand der Planungen zu berichten.

Kreisrat Frank Buß: Eine ausgewogene Sozialpolitik ist ein zentrales Element der Daseinsvorsorge!°

Für die Fraktion Freie Wähler sprach deren sozialpolitischer Sprecher – Kreisrat Bürgermeister Frank Buß. Nachstehend die Kernsätze seiner Ausführungen. Seine kompletten Ausführungen können Sie hier aufrufen:

Die Fraktion Freie Wähler versteht Sozialpolitik im Landkreis Esslingen als ständigen Kernauftrag und befasst sich intensiv damit. Ich möchte einige grundsätzliche Überlegungen zu unseren Arbeitsschwerpunkten darlegen. Unser Grundgedanke: Sozialpolitik muss ausgewogen und auf Dauer angelegt sein.

Solidarsystem Soziale Sicherung

Der Landkreis Esslingen gab 2017 rund 285 Mio. € und 2021 rund 325,4 Mio. € für die Soziale Sicherung aus; für 2023 sind rund 358,4 Mio. € eingeplant Dies bedeutet eine Zunahme von 73,4 Mio. € in 7 Jahren, was rund 8 Punkten Kreisumlage entspricht, sehr viel Geld. Da ich schon sehr lange Mitglied im Sozialausschuss bin, habe ich noch die Zeit erlebt, in der sinnvolle soziale Vorhaben unter dem Diktat der Finanzpolitik verzögert wurden und dieser Ausschuss Vieles erkämpfen musste. Heute ist es grundlegend in manchen Köpfen anders, denn bei der sozialen Sicherung scheint Geld keine Rolle mehr zu spielen.

Solidarität in unserer Gesellschaft ist keine Einbahnstraße. In vielen Fällen besteht unbestreitbar Unterstützungsbedarf und es ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal unserer Gesellschaft, dass Hilfsbedürftige auch Hilfe erhalten. Wir dürfen das System jedoch nicht nur aus der Sicht der Begünstigten denken, sondern genauso aus Sicht der Bürger*innen, die alles mit ihren Steuergeldern finanzieren und es ist falsch den Menschen vorzugaukeln, man müsse nur ein paar Superreiche höher besteuern. Das meiste Geld bringen die normalen Menschen auf, die ihrerseits durch hohe Mieten und Energiekosten, Inflation oder steigende Bauzinsen belastet sind und die Kindergartengebühren selbst bezahlen müssen.

Kinderbetreuung 

Wir haben eine Rettungsaktion „Kinderbetreuung“ beantragt und der Jugendhilfeausschuss (JHA) hat am 24. Februar 2022 die Kreisverwaltung mit einem integrierten Planungsprozess unter Einbezug eines Beratungsinstituts beauftragt. Hier stellen wir die Frage nach dem aktuellen Sachstand.

Deshalb hat für uns FREIE WÄHLER im Handlungsfeld „Familie und Jugend, außerschulische Bildung“ die Erfüllung der Rechtsansprüche und der Abbau von Wartelisten höchste Priorität. Schwerpunkte sind einerseits die Vereinbarkeit von Schule und Beruf für alle Eltern und andererseits die frühe, zielgenaue Förderung von benachteiligten Kinder. Das aktuelle Vergabesystem benachteiligt Kinder aus bildungsfernen Familien, die oft noch eine traditionelle Rollenverteilung bei der Erziehung haben. Eine frühe Förderung eröffnet Bildungschancen und bekämpft Kinderarmut.

Unterbringung und Integration der Geflüchteten 

Die Unterbringung und Integration der Geflüchteten ist eine Daueraufgabe, die Kreis- und Kommunalverwaltungen massiv belasten. Im Landkreis wurden 2022 8.800 Flüchtlinge aus der Ukraine und 6.900 Asylsuchende aufgenommen, für 2023 rechnet die Kreisverwaltung mit 1.500 Personen aus der Ukraine und 1.100 Flüchtlingen aus anderen Herkunftsländern.

Problematisch ist die Unterbringung, denn Wohnraum ist im Landkreis Esslingen ein knappes Gut und als Kommunen verschärfen wir mit der Anmietung von Wohnungen die allgemeinen Engpässe. Container sind keine Dauerlösung und der Bau von Wohnungen dauert. Die Belegung von Stadt- und Sporthallen darf nur ultima ratio sein. Hinzukommen die enormen Herausforderungen bei der Integration, die weitgehend vom Landkreis und den Kommunen zu schultern sind.

Der Flüchtlingsgipfel war eine große Enttäuschung, vor allem die Weigerung von Kanzler Scholz dieses Thema zur Chefsache zu machen, er hat die Stimmungslage im Land unterschätzt!

Ambulante und stationäre Pflege

Bereits bei der Haushaltsberatung 2022 haben wir auf die erheblichen Probleme bei den Angeboten für die ambulante und stationäre Pflege hingewiesen. Der Sozialbericht 2021 weist aktuell auf deutlich steigende Zahlen bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderungen, bei der ambulanten und stationären Pflege auf deutlich steigende Kosten bei gleichbleibenden Fallzahlen hin. Für uns Freie Wähler ist nicht erkennbar, welche Aktivitäten die Kreisverwaltung zur Lösung der erheblichen Probleme bislang unternommen hat und beantragen deshalb einen erneuten Bericht.

Hausärztliche Versorgung

Eine gute und sichere hausärztliche Versorgung ist für die meisten Kreiseinwohner von großer Bedeutung. Der Landkreis darf nicht nur mit dem Finger auf andere zeigen, sondern muss die Lage aktiv verbessern. Deshalb sind wir zufrieden, dass der Kreistag am Ende unserem Antrag zugestimmt hat und am 6. April 2023 eine Auftaktveranstaltung dazu stattfindet.