Kreisrat Bürgermeister Frank Buß: Fehlender Wohnraum ist ein großes Wohlstandsrisiko!

Kreisrat Frank Buß: Wohnraumversorgung, vor allem für Geringverdiener ist eine Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge!

Der Deutsche Mieterbund, Kreisverband Esslingen-Göppingen hat an die Freien Wähler im Landkreis Esslingen Fragen zur Wohnraumversorgung gestellt. Kreisrat Frank Buß, Bürgermeister in Plochingen, hat die Fragen aus der Sicht der Stadt Plochingen beantwortet. Nachstehend finden Sie die Fragen, die Antworten sind in „rot“ direkt angeschlossen.

 

An den Freie-Wähler-Kreisverband Esslingen

Sehr geehrte Damen und Herren,

nach dem aktuellen Ba-Wü-Check, einer Umfrage baden-württembergischer Zeitungen, ist die Sorge um bezahlbaren Wohnraum mit Abstand das Problem, das die Menschen in Baden-Württemberg am stärksten belastet.

Die angemessene und bezahlbare Wohnungsversorgung aller gesellschaftlicher Gruppen ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Land und Kommunen. Den Städten kommt eine besondere Verantwortung zu, weil vor Ort entschieden wird, welche und wie viele Wohnungen neu gebaut werden und ob bestehender Wohnraum genutzt werden kann. Die Kommunen müssen Handlungsspielräume nutzen, damit eine leistbare Wohnraumversorgung gewährleistet werden kann. Welche Handlungsoptionen für Städte und Gemeinden bestehen, haben wir in einem Thesenpapier zusammengefasst, das wir Ihnen mit dieser Nachricht übersenden.

Die Verbesserung der Wohnungsversorgung muss eine zentrale Aufgabe der Kommunalpolitik in den nächsten Jahren darstellen. Deshalb haben wir 11 Fragen zur kommunalen Wohnungspolitik an die Fraktionen der demokratischen Parteien in den Großen Kreisstädten des Landkreises Esslingen und Göppingen gestellt.

Wir wollen unsere Fragen auch Ihnen stellen und bitten Sie, diese für Ihren Kreisverband zu beantworten. Wir werden Ihre und die Antworten anderer vor den Wahlen in geeigneter Weise den Mitgliedern des Deutschen Mieterbunds Esslingen-Göppingen und einer breiten Öffentlichkeit als Entscheidungshilfe zugänglich machen.

 

Dies sind unsere Fragen zur Kommunalwahl 2024:

 

  1. Werden Sie sich für die Erstellung eines Wohnraumversorgungskonzepts für Ihre Stadt einsetzen?        Fehlender Wohnraum für dringend erforderliche Arbeitskräfte in der Region Stuttgart sind ein großes Wohlstandsrisiko. Entsprechende Konzeptionen auf kommunaler Ebener sind dringend erforderlich, müssen jedoch vor Ort entwickelt werden. Die Stadt Plochingen hat vor einigen Jahren einen Masterplan Wohnungsbau beschlossen, der Grundlage für unsere Entwicklung ist.

 

  1. Werden Sie sich für den Aufbau bzw. den Erhalt eines kommunalen Wohnungsbestandes einsetzen?  Ja, der Aufbau von weiteren Mietwohnungsbeständen ist im Masterplan Wohnungsbau verankert. Aktuell werden 20 weitgehend geförderte Wohnungen in der Brühlstraße bezogen.

 

  1. Sind Sie der Ansicht, dass Ihre Kommune selbst bzw. über eine kommunale Wohnungsgesellschaft als Akteur auf den Wohnungsmärkten auftreten, also selbst Wohnungen bauen, muss? Ja, siehe 2.

 

  1. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Ihre Stadt eine aktive Bodenvorratspolitik betreibt? Eine aktive Bodenpolitik ist für jede städtebauliche Entwicklung unverzichtbar.

 

  1. Sind Sie dafür, dass bei der Entwicklung neuer Baugebiete es erst dann neues Baurecht geben soll, wenn alle Flächen eines Baugebietes in städtischem Besitz sind? Es wäre wünschenswert, um die Entwicklung besser steuern zu können. Allerdings ist dies nicht immer und überall möglich.

 

  1. Unterstützen Sie bei der Vergabe städtischer Grundstücke den Grundsatz „Erbbaurecht vor Verkauf“ und, sofern städtische Bauflächen ausnahmsweise doch verkauft werden, die Vergabe nach Konzept erfolgen kann? Das hängt im Einzelfall von den Rahmenbedingungen ab. Erbbaurechte sind eine gute Option, doch nicht immer umsetzbar. Die rechtlichen Anforderungen an eine Konzeptvergabe sind erheblich höher als bei einem Bauplatzverkauf und damit der gesamte Ausschreibungsprozess deutlich aufwendiger.  

 

  1. Halten Sie eine Quote für den geförderten Wohnungsbau von mindestens 30 Prozent bei neuem Baurecht für angemessen? Das hängt von der örtlichen Situation und den Rahmenbedingungen ab. Im urbanen Raum ist Geschosswohnungsbau und geförderter Wohnungsbau eine wichtiges Instrument der Wohnbauentwicklung. Im ländlichen Raum wird dieses Instrument nur ausnahmsweise zum Einsatz kommen. Die Verfahren dürfen nicht überbürokratisiert werden, da dies die Kosten steigert und damit die Mieten. Außerdem machen wir gerade die Erfahrung, dass die strikten Anforderungen des geförderten Wohnungsbaus dazu führen, dass Interessenten abgewiesen werden müssen, z.B. Ein-Personen-Haushalte.

 

  1. Setzen Sie sich für den Erhalt und die Aktivierung bestehender Wohnungen, zum Beispiel durch den Erlass einer kommunalen Satzung gegen Wohnraumzweckentfremdung und deren konsequente Anwendung, ein? Ich bin der Überzeugung, dass mit Zwangsmaßnahmen wenig erreicht wird. Schon heute verhindert die überbordende Bürokratie pragmatische Lösungen und führt zu einem Akzeptanzverlust bei den Eigentümern.

 

  1. Unterstützen Sie die Forderung, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen grundsätzlich unter einen kommunalen Genehmigungsvorbehalt zu stellen, um eine unerwünschte Verdrängung von Mietern zu verhindern? Ich bin der Überzeugung, dass mit Zwangsmaßnahmen wenig erreicht wird. Schon heute verhindert die überbordende Bürokratie pragmatische Lösungen und führt zu einem Akzeptanzverlust bei den Eigentümern.

 

  1. Teilen Sie die Ansicht, dass Städte zur Mietpreisstabilisierung beitragen müssen, in dem sie gegen preislich unzulässig überhöhte Mietwohnungsangebote vorgehen? Die Kommunen verfügen weder über die administrativen noch die personellen Mittel, um diese Aufgabe zu übernehmen. Die Bundesregierung hat es wieder mal versäumt, die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung zu stellen.

 

  1. Unterstützen Sie die Umnutzung von untergenutzten Gewerbeimmobilien für Wohnzwecke? Ja, sofern dies die Rahmenbedingungen zulassen und die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden können.

 

Wir bedanken uns schon heute für die Beantwortung unserer Fragen.

Freundliche Grüße

 

Deutscher Mieterbund

Esslingen-Göppingen e. V.

Udo Casper

Vorsitzender